Überwiegend Enttäuschung über Pflegepapier

Überwiegend Enttäuschung über Pflegepapier
Verbände und Krankenkassen lassen kaum ein gutes Haar an den am Donnerstag vorgelegten Beschlüssen der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Pflegereform. Pflegeforschung und Pflege-Berufsverbände erkennen positive Ansätze - aber nicht mehr.
12.12.2025
epd
Von Nils Sandrisser (epd)

Köln, Berlin (epd). Nach der Veröffentlichung der Beschlüsse der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Pflegereform sind Verbände, Kassen und Fachleute überwiegend unzufrieden mit dem Papier. Der Pflegeforscher Sascha Köpke vom Institut für Pflegewissenschaft der Uni Köln sagte am Freitag dem Evangelischen Pressedienst (epd), es sei „weit davon entfernt, ein großer Wurf zu sein“. Sozialverbände kritisierten vor allem, die Vorschläge im Papier seien unkonkret

Köpke sagte, die Beschlüsse betonten zwar ganz richtig, dass es wichtig sei, Pflegebedürftigkeit vorzubeugen: „Ich habe aber das Gefühl, Prävention wird immer als der 'easy way out' angekündigt, und hinterher ist dann das Papier geduldig.“ Der Forscher sagte, er vermisse in dem Papier die Rolle der Kommunen. Offensichtlich sei die Arbeitsgruppe davor zurückgeschreckt, den klammen Gemeinden weitere Aufgaben zuzumuten. Aber beispielsweise in Dänemark organisierten Kommunen die Pflege sehr erfolgreich. „Ich sehe keinen Grund, warum das hier nicht auch so laufen sollte.“

Viele Fragen noch offen

Am Donnerstag hatte die Bund-Länder-Arbeitsgruppe ihre Beschlüsse vorgelegt. Demnach soll es für zu Hause lebende Pflegebedürftige und ihr Umfeld mehr Beratung und Anleitung geben. Ändern wird sich vermutlich auch die Definition der fünf Pflegegrade. Die geltenden Schwellenwerte für den Übergang zwischen den Pflegegeraden seien „zu hinterfragen“, heißt es in dem Papier. Bei der Finanzierung des Pflegesystems und der Begrenzung der Eigenanteile von Pflegebedürftigen in Heimen wurden laut dem Papier verschiedene Modelle diskutiert und durchgerechnet.

Verbände und Kassen kritisierten das Papier als unambitioniert. Der Geschäftsführer des Verbands katholischer Altenhilfe, Andreas Wedeking, erklärte, es liefere nur „Andeutungen ohne Verbindlichkeit“ und bleibe weit hinter den Erwartungen zurück. Die Präsidentin des Deutschen Caritasverbands, Eva Maria Welskop-Deffaa, forderte „unverzüglich konkrete Gesetzgebungsschritte zu den drängenden Fragen der Versorgungssicherheit und Finanzierung“. Dabei müsse die Entlastung und Unterstützung pflegender Angehöriger Priorität haben.

Bereits am Donnerstag hatte der Präsident des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste, Bernd Meurer, das Papier ein „Register der Ratlosigkeit“ genannt. Der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands, Joachim Rock, erkannte in den Beschlüssen nur „Stückwerk und halbgare Ankündigungen“. Der Vorstandsvorsitzende des Spitzenverbands der gesetzlichen Krankenkassen, Oliver Blatt, sagte: „Konkrete und abgestimmte Lösungsvorschläge sucht man vergeblich.“

Eingeschränktes Lob von Pflegekräften

Hingegen lobte der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe den Bericht, weil er die Rolle professioneller Pflegekräfte bei der Vorbeugung von Pflegebedürftigkeit stärke. Verbandspräsidentin Vera Lux erklärte allerdings, dass die Ansatzpunkte zu kurz griffen. Damit sie wirken könnten, brauche es „verbindliche strukturelle Rahmenbedingungen, die pflegerische Leistungen im Leistungsrecht abbilden und vergüten“.

Der Verein „wir pflegen“ befürchtet eine steigende Belastung pflegender Angehöriger. Vorstand Sebastian Fischer zufolge drohen Kürzungen in ambulanten und häuslichen Leistungsbereichen. Diese seien die logische Folge, wenn „mehr Ressourcen aus der bereits mangelhaften Versorgung in verbesserte Präventionsmaßnahmen, Rehabilitation und die Deckelung stationärer Eigenanteile umgesteuert werden“.