Berlin (epd). Der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Marcel Fratzscher, dämpft die Erwartungen an die künftige Rentenkommission. Im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst begründete er seine Skepsis mit konkreten Aufträgen an das Gremium, was zu prüfen sei - „und da reden die Regierungsparteien schon ein Wörtchen mit“. Es werde klare Vorgaben an die Runde geben, was politisch gewollt ist, sagte der Institutsleiter.
Zudem säßen in der Kommission nicht nur Fachleute am Tisch, sondern auch Politiker und Politikerinnen: „Ich bin gespannt, welche Ergebnisse aus der Expertenrunde kommen werden. Und schon jetzt wage ich zu bezweifeln, dass alle Reformansätze wirklich mehrheitsfähig sind.“ Erfahrungen aus der Geschichte mit anderen Kommissionen sprächen leider dagegen.
Mit Rentenpaket „schon Nägel mit Köpfen gemacht“
Kritisch sieht der Fachmann auch, dass vor den Vorschlägen der Kommission bereits das umstrittene Rentenpaket der Bundesregierung im Bundestag verabschiedet wurde. „Jetzt hat man schon Nägel mit Köpfen gemacht, die schon starke und auch sehr teure Vorgaben sind.“ Es werde nicht leicht sein, diese Reform später nach Vorgaben der Rentenkommission wieder zurückzudrehen.
Zudem konterkariere das Rentenpaket alle nötigen Reformschritte in der Alterssicherung. Eine künftige große Rentenreform müsse in die Richtung gehen, dass Geld eingespart wird oder von mehr Personen Beiträge eingezogen werden. „Stattdessen ist das genaue Gegenteil beschlossen worden. Das Rentenniveau von 48 Prozent wird beibehalten, auch über 2031 hinaus soll es keine größere Absenkung geben, die Mütterrente kommt und verschlingt zusätzlich Milliarden“, rügte Fratzscher.
Vorbild Dänemark
Der DIW-Chef bekräftigte die Forderung, das Renteneintrittsalter an die steigende Lebenserwartung zu koppeln. Denn wenn die Menschen immer länger Renten bezögen, werde die arbeitende jünger Generation immer stärker über Beiträge und Steuern belastet, um das System stabil zu halten. „Dänemark hat das erkannt und das Renteneintrittsalter wegen der längeren Lebenserwartung auf 70 Jahre angehoben. Das ist ein wichtiges Element der Rentenpolitik, das man sich genauer anschauen sollte.“
Vor dem Hintergrund der zunehmenden Altersarmut empfahl der Ökonom, „mehr von Reich zu Arm umzuverteilen“. Das DIW habe dazu das Modell des sogenannten „Boomer-Soli“ für finanziell bessergestellte Ruheständler entwickelt. Die 20 Prozent der Rentenbezieher mit den höchsten Einkommen müssten demzufolge eine Sonderabgabe von drei oder vier Prozent auf sämtliche Alterseinkünfte zahlen, also auch auf Aktiengewinne, Mieteinnahmen und Erbschaften, „die dann an die 40 Prozent der einkommensschwächeren Rentnerinnen und Rentner fließen würde“. Umverteilt würde ausschließlich innerhalb der älteren Generation, Jüngere blieben also weitgehend verschont.



