Studie: ÖPNV braucht 1,76 Milliarden Euro zusätzlich

Studie: ÖPNV braucht 1,76 Milliarden Euro zusätzlich
Rund 100 Stunden arbeitet ein ÖPNV-Fahrer im Jahr unbezahlt, heißt es in einer Studie. Um mehr Personal zu gewinnen, brauche es bessere Arbeitsbedingungen, fordern ver.di und die Klima-Allianz.
09.12.2025
epd
Von Jonas Grimm (epd)

Berlin (epd). Bessere Arbeitsbedingungen im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) würden laut einer Studie zusätzlich 1,76 Milliarden Euro pro Jahr kosten. Die in dem Gutachten geforderten Maßnahmen führten zudem zu zusätzlich mehr als 32.000 Mitarbeitenden, teilten die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di und die Klima-Allianz Deutschland am Dienstag in Berlin mit. Sie hatten das Gutachten beauftragt. Das zusätzliche Personal sei nötig, um Ziele im ÖPNV-Ausbau und somit auch beim Klimaschutz zu erreichen.

Im Rahmen einer Umfrage unter dem Fahrpersonal habe sich gezeigt, dass mehr als zwei Drittel (69 Prozent) der als „besonders herausfordernd“ genannten Themen von den Arbeitgebern beeinflussbar seien. Den größten Anteil daran (37 Prozent) hätten Dienstplan-Themen ausgemacht.

Abschaffung des geteilten Diensts

Als Lösungsmaßnahmen schlugen die Studienmacher unter anderem eine Begrenzung der Schichtlänge auf maximal 8,5 Stunden vor. Tarifrechtlich seien in vielen Fällen bis zu zwölf Stunden zulässig. Außerdem solle die Mindestruhezeit zwischen zwei Schichten auf elf statt zehn Stunden verlängert und geteilte Dienste abgeschafft werden. Bei geteilten Diensten habe Fahrpersonal etwa am Vormittag und Abend zu arbeiten und dazwischen mehrere Stunden frei. Diese nicht vergütete Zeit „zerreiße“ jedoch den Tag.

Krankenstand kostet 70 Millionen Euro

Ein weiterer Faktor sei der oftmals verschiedene Ort des Dienstbeginns und des Dienstendes. Das Gutachten schlägt vor, diese Anreisewege als Arbeitszeit anzurechnen. Zudem soll Fahrpersonal an mindestens der Hälfte aller Wochenenden freihaben. Durch die verbesserten Arbeitsbedingungen ließe sich dem Gutachten zufolge der Krankenstand um drei Prozentpunkte reduzieren, was rund 70 Millionen Euro pro Jahr sparen würde.

Sechs Prozent unter 30

Bereits jetzt fehlen nach Einschätzung des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) etwa 20.000 Busfahrerinnen und Busfahrer sowie 3.000 Triebfahrzeugführerinnen und Triebfahrzeugführer, heißt es in der Studie. Zudem kämpften die Verkehrsunternehmen mit Überalterung. Zahlen aus dem Jahr 2022 zufolge waren weniger als sechs Prozent des Fahrpersonals in Bus und Straßenbahn unter 30 Jahre alt.

Zugleich war mehr als ein Drittel der Beschäftigten (35,5 Prozent) zwischen 54 und 63 Jahren alt. Aus demografischer Sicht und auf Grund der Fluktuation ergebe sich dadurch ein Nachbesetzungsbedarf von rund 9.000 Stellen pro Jahr, allein um den Status quo aufrechtzuerhalten.

Für die Studie wurden den Angaben zufolge erstmals systematisch die Arbeitsbedingungen von rund 128.000 Beschäftigten in 31 Tarifverträgen analysiert. Das Gutachten wurde von der Beratungsagentur KCW und der nbsw Nahverkehrsberatung erstellt.