Theologe: Fürs Totengedenken sind feste Trauerorte wichtig

Theologe: Fürs Totengedenken sind feste Trauerorte wichtig
Viele Menschen wünschen sich liberalere Bestattungsformen wie in Rheinland-Pfalz - von der Urne zu Hause bis zur Bestattung im Fluss. Warum feste Gedenkorte weiter sinnvoll sind, erklärt ein evangelischer Theologe.
04.12.2025
epd
epd-Gespräch: Christine Süß-Demuth

Karlsruhe (epd). Der evangelische Theologe Matthias Kreplin sieht den Trend zur Individualisierung bei Bestattungen skeptisch. Auch wenn es einige Gründe für eine Liberalisierung des Bestattungsrechts gebe, werde verkannt, dass Menschen „nicht als Einzelwesen unterwegs sind“, sagte der Leiter des Referats „Verkündigung in Gemeinde und Gesellschaft“ in der Evangelischen Landeskirche in Baden. Vielmehr seien sie Teil von Netzwerken, wie der Familie, Freunden, Nachbarn oder dem Dorf.

In Rheinland-Pfalz ist es seit Kurzem möglich, dass Angehörige die Urne mit der Asche des Toten mit nach Hause nehmen. Das Bundesland hat das liberalste Bestattungsrecht. Auch in Baden-Württemberg und weiteren Bundesländern wird über Reformen nachgedacht.

Trauernde werden ausgeschlossen

Wenn jeder machen könne, „was er will“, indem er etwa die Urne zu Hause aufbewahre oder die Asche des Verstorbenen im Garten verstreue, stelle sich die Frage „Wem gehört der Tote?“, sagte Kreplin dem Evangelischen Pressedienst (epd). Es bestehe die Gefahr, dass der Verstorbene damit „privatisiert“ werde und andere Trauernde ausgeschlossen würden.

Das sei nicht nur in zerstrittenen Familien ein Problem. Auch Angehörige, Freunde und Kollegen würden ausgegrenzt. Anders als bei einem öffentlichen Friedhof könnten sie nicht einfach das Grab des Verstorbenen besuchen, um diesem zu gedenken. Sollte dann später etwa das Haus verkauft werden, gehe der Trauerort ganz verloren - auch für die Familie.

Würdevolles Gedenken ist wichtig

Deshalb hält der evangelische Theologe den „Friedhofszwang“ weiter für sinnvoll. Für die Trauerbewältigung brauche es feste Orte, an denen man sich an den Verstorbenen erinnern könne. Bisher seien dies die Gräber auf dem Friedhof gewesen, meist mit einem Grabstein, auf dem der Name stehe, oder in einem Friedwald. Solche Orte könnten alle besuchen. Später könnten sich dort auch Nachfahren an den Toten und ihre familiären Wurzeln erinnern.

Stehe dagegen die Urne mit der Asche des Verstorbenen zu Hause auf dem Kaminsims, seien die Angehörigen ständig damit konfrontiert. Dies könne den Trauerprozess und ein „Loslassen“ des Verstorbenen erschweren. Zudem müsse eine würdevolle Aufbewahrung über viele Jahre gewährleistet sein, mahnte Kreplin.