Bonn (epd). Der katholische Erzbischof von Abuja, Ignatius Kaigama, hat mehr internationale Hilfe und Aufmerksamkeit für die Krisen und Konflikte in Nigeria gefordert. Europäische Politiker müssten sich stärker für Nigeria engagieren, sagte Kaigama am Mittwoch in einem Online-Pressegespräch der katholischen Deutschen Bischofskonferenz. Auch der Augsburger Bischof Bertram Meier forderte mehr Vorstöße auf internationaler Bühne.
In Nigeria waren in den vergangenen Wochen mehrere Hundert Menschen entführt worden. Von den Angriffen, unter anderem auf Schulen und Gotteshäuser, sind Christen und Muslime gleichermaßen betroffen. Meier sagte, viele verschiedene Faktoren seien Ursache der Konflikte. Nigeria sei ein Land von vibrierender Religiosität, ethnische, politische, materielle und religiöse Faktoren bedingten sich gegenseitig.
Armut ist ein Grund für Radikalisierung
Das westafrikanische Land ist mit mehr als 230 Millionen Einwohnern das bevölkerungsreichste Land des afrikanischen Kontinents. Während im Norden des Landes überwiegend Muslime leben, gehört die Mehrheit der Bevölkerung im Süden des Landes christlichen Konfessionen an.
Viele Menschen im Norden sind aufgrund einer Wirtschaftskrise von Armut betroffen. 65 Prozent der Menschen im Norden lebten unterhalb der Armutsgrenze. Im Süden sind es 35 Prozent, heißt es in der von der Bischofskonferenz am Mittwoch veröffentlichten Arbeitshilfe „Solidarität mit verfolgten und bedrängten Christen in unserer Zeit - Nigeria“. Armut sei ein Grund für Radikalisierung, sagte Meier.
Massenentführungen vor allem im Norden
Die Massenentführungen treffen vor allem die nördlichen Gebiete. Gewaltsame Überfälle und Entführungen, in deren Anschluss hohe Summen an Lösegeld verlangt werden, haben sich zu einer Strategie entwickelt, mit der kriminelle Banden und dschihadistische Gruppen ihre Aktivitäten finanzieren. Aufgrund der Entführungen hat Präsident Bola Tinubu den nationalen Sicherheitsnotstand ausgerufen und die Entsendung von mehr Soldaten in die betroffenen Gebiete angekündigt.
US-Präsident Donald Trump hatte vor wenigen Tagen in seinem Netzwerk „Truth Social“ mit militärischer Gewalt gegen die Terroristen gedroht, um die Christen in dem Land zu schützen. Kaigama lobte die Äußerungen Trumps, weil dieser als erster prominenter westlicher Politiker „die Sache beim Namen genannt“ habe. Doch habe es keine Konsequenzen gegeben. Das habe dazu geführt, dass die Gewalt gegen die Bevölkerung sogar noch zugenommen habe, beklagte er.
Kirchen fördern interreligiösen Dialog
Kaigama und Meier forderten, das Menschenrecht auf Religionsfreiheit zu achten. Der interreligiöse Dialog zwischen Muslimen und Christen könne die Situation verbessern, sagte Kaigama, der von christlichen Veranstaltungen nahe Abujas unter Polizeischutz berichtete.
Der Präsident des katholischen Hilfswerks Missio, Dirk Bingener, verwies auf verschiedene friedensfördernde Hilfsprojekte in dem Land. Eines dieser Projekte sei der Women's Interfaith Council (WIC) in Kaduna. Die Initiative organisiere beispielsweise Schulungen zur Konfliktlösung für christlichen und muslimischen Frauen und bietet Gewaltopfern sichere Unterkünfte. „Frauen gehören oft zu den Ersten, die von Gewalt betroffen sind - aber sie sind auch die Ersten, die versuchen, Brücken zu bauen“, sagte Bingener.



