Studie: Missbrauchsbetroffene in der Schule oft alleingelassen

Studie: Missbrauchsbetroffene in der Schule oft alleingelassen
Eigentlich soll die Schule für Kinder ein sicherer Ort sein - doch auch hier gab und gibt es sexualisierte Gewalt. Eine neue Studie beleuchtet, wie das System Schule damit umgeht, und zeigt große Defizite auf.

Berlin (epd). Wer als Schulkind sexualisierte Gewalt erfährt, wird einer Studie zufolge damit oft alleingelassen. „Nur wenige betroffene Kinder und Jugendliche haben Hilfe erhalten oder wurden geschützt“, heißt es in der am Mittwoch veröffentlichten Untersuchung im Auftrag der unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs. „Es wurde geschwiegen, weggeschaut, verharmlost und selten aufgeklärt.“

In die Untersuchung flossen die Berichte von 133 Betroffenen ein, deren Missbrauchserfahrung teils mehrere Jahrzehnte, teils nur einige Jahre zurücklag. Einbezogen wurden zum einen Fälle, in denen die Schule selbst Tatort war, also beispielsweise Übergriffe durch Lehrer oder Mitschüler erfolgten. Zum anderen ging es um Fälle, in denen Gewalterfahrungen in einem anderen Kontext wie der Familie in der Schule Thema wurden. Die Auswertung übernahm ein Team unter Leitung der Erziehungswissenschaftlerin Edith Glaser.

Lehrkräfte in Sorge um den Ruf der Schule

Demnach wurden Taten durch Lehrkräfte - in den allermeisten Fällen Männer - oft über einen längeren Zeitraum angebahnt. Die Täter hätten „Krisenzeiten im Leben Betroffener“ ausgenutzt und oft emotionale Nähe vorgegaukelt, heißt es in der Untersuchung. Bei Übergriffen durch andere Kinder oder Jugendliche wiederum sei den Taten in vielen Fällen Mobbing vorausgegangen.

Auf Hilfegesuche von Betroffenen hätten Lehrkräfte „mehrheitlich mit Verweigerung“ reagiert, heißt es weiter. „Sehr häufig bestimmte die Sorge um den Ruf der Schule das Handeln der Lehrpersonen.“ Wenn es um sexualisierte Gewalt in der Familie ging, hätten hingegen „einzelne Lehrpersonen“ aufmerksam reagiert und „im Rahmen ihrer professionellen Möglichkeiten Unterstützung“ geleistet. Die Forschungsgruppe zieht aus der Untersuchung den Schluss, dass sexualisierte Gewalt „bei allen Beteiligten im Bereich Schule“ stärker thematisiert werden müsse.