Urteil: Jobcenter muss Wohnungsangebote nicht konkret benennen

Urteil: Jobcenter muss Wohnungsangebote nicht konkret benennen
Für die vom Jobcenter festgelegte Mietobergrenze finden Bürgergeldbezieher oft keine Wohnung. Jetzt räumte das oberste Sozialgericht der Behörde mehr Spielraum bei der Festlegung der angemessenen Unterkunftskosten ein.

Kassel (epd). Das Bundessozialgericht hat Jobcentern bei der Festlegung der angemessenen Unterkunftskosten für Bürgergeldbezieher einen größeren Spielraum eingeräumt. Das Jobcenter müsse hierfür zwar ein schlüssiges Konzept entwickeln, in dem der angemessene Wohnstandard, der Mietpreis und die Lage verfügbarer Wohnungen am Wohnungsmarkt bestimmt werden. Die Behörde müsse aber bei einem schlüssigen Konzept nicht konkret nachweisen, dass zu ihrer festgelegten Mietobergrenze auch Wohnungen tatsächlich in ausreichender Zahl anzumieten sind, entschieden obersten Sozialrichter am Donnerstag in Kassel. (AZ: B 4 AS 28/24 R)

Der Kläger bewohnte von Juli 2015 bis Juni 2016 eine Zweizimmerwohnung in Berlin-Neukölln. Er war auf die früheren Hartz-IV-Leistungen, das derzeitige Bürgergeld, angewiesen. Für seine Wohnung zahlte er eine monatliche Gesamtmiete in Höhe von 584 Euro. Das Jobcenter hielt für Unterkunft und Heizung höchstens 449 Euro für angemessen. Die Behörde berief sich auf die Berliner Ausführungsvorschrift Wohnen 2015. Darin wurden Mietobergrenzen festgelegt, bis zu denen das Jobcenter die „angemessenen“ Mieten übernimmt.

#Kläger wollte volle Übernahme der Unterkunftskosten erreichen

Der Kläger wollte die volle Übernahme seiner Unterkunftskosten erreichen. Zu den festgelegten Mietobergrenzen gebe es in Berlin kaum Wohnungen. Zudem würden auch Gutverdiener nach günstigem Wohnraum suchen.

Nach einem Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg beruht der vom Jobcenter zugrunde gelegte „angemessene“ Wohnraum für Grundsicherungsempfänger auf einem schlüssigen Konzept. Allerdings habe die Behörde nicht nachgewiesen, dass auf dem Berliner Wohnungsmarkt zu dem Mietpreis auch tatsächlich in hinreichender Zahl Wohnungen anzumieten sind. Der Kläger könne zwar deshalb nicht die volle Mietzahlung verlangen. Er habe aber für mehrere Monate Anspruch auf die im Wohngeldgesetz genannten Beträge zuzüglich eines Sicherheitszuschlags von zehn Prozent.

Das Bundessozialgericht gab dem Jobcenter dem Grunde nach recht und verwies das Verfahren an das Landessozialgericht zurück. Bei der Bestimmung angemessener Mietobergrenzen müsse in einem schlüssigen, realitätsgerechten Konzept der für Grundsicherungsempfänger zumutbare einfache Wohnstandard, die Wohnraumgröße und ein möglicher individueller Bedarf bestimmt werden. Das Jobcenter könne - wie im vorliegenden Fall - in dem Konzept auch nach seiner eigenen Methode ermitteln, dass Wohnungen in hinreichender Zahl bis zu der Mietobergrenze auf dem Wohnungsmarkt verfügbar sind. Dann könne von der Behörde nicht verlangt werden, dass diese die tatsächliche Anzahl angemessener Wohnungen auf dem Wohnungsmarkt nachweist.