Buchenwald will einzelne Dokumente aus abgesagter Auktion übernehmen

Buchenwald will einzelne Dokumente aus abgesagter Auktion übernehmen
Der Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, Jens-Christian Wagner, warnt trotz der gestoppten Auktion in Neuss vor stillen Verkäufen von KZ-Artefakten. Solche Objekte und Dokumente sollten Gedenkstätten überlassen werden.
21.11.2025
epd
epd-Gespräch: Matthias Thüsing

Weimar (epd). Der Direktor der Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, Jens-Christian Wagner, hat nach der abgesagten Versteigerung von rund 600 Dokumenten und historischen Objekten aus NS-Konzentrationslagern angekündigt, sich um die Übernahme der Stücke zu bemühen. Man werde den Eigentümer über das Auktionshaus auffordern, die Artefakte unentgeltlich an die zuständigen Gedenkstätten zu übergeben, sagte Wagner dem Evangelischen Pressedienst (epd). Dazu gehöre auch ein „Judenstern mit Gebrauchsspuren“.

Wagner befürchtet trotz der Absage der Auktion einen „stillen Verkauf“ an private Sammler oder eine Versteigerung im Ausland. Der öffentliche Druck, der unter anderem vom Internationalen Auschwitz-Komitee, mehreren Gedenkstätten und der polnischen Regierung zur Rücknahme des Angebots geführt habe, reiche nicht aus. Das grundlegende Problem bestehe weiter, betonte er: „Es gibt einen blühenden Markt für Dokumente und Objekte aus der Provenienz der Konzentrationslager.“ Daran beteiligten sich nicht nur private Sammler, sondern teils auch Museen außerhalb Deutschlands.

Handel mit KZ-Artefakten sollte verboten werden

Der Gedenkstättenleiter forderte daher ein grundsätzliches Verbot des Handels solcher Archivalien durch Dritte. Viele dieser Objekte seien für die Forschung unverzichtbare Quellen. Ihre private Veräußerung entziehe sie häufig dauerhaft der historischen Aufarbeitung. Einen staatlichen Zugriff durch Enteignung sieht Wagner indes kritisch: „Manchmal sind es Angehörige von KZ-Opfern, die die Dokumente aus dem Nachlass ihrer Angehörigen verkaufen. Das geschieht oft nur zu einem symbolischen Preis, manchmal aber auch nicht. Sie wird man kaum enteignen können und auch nicht wollen.“

Meist handele es sich auch nicht um Diebesgut aus Archiven, sondern um private Korrespondenzen, Kleidung, Häftlingsnummern oder Objekte, die Überlebende, amerikanische Befreier oder Anwohner entlang der Todesmärsche nach 1945 an sich genommen und über Jahrzehnte aufbewahrt hätten. Auch in ehemaligen Zwangsarbeitsbetrieben seien nach dem Krieg Dokumente entdeckt worden und teilweise in privaten Beständen verblieben. Die Zahl der heute im Umlauf befindlichen Originale schätzt Wagner „auf Tausende, wenn nicht Zehntausende“.

Die abgesagte Auktion betraf ein Auktionshaus in Neuss, das rund 600 Lose aus KZ-Provenienz anbieten wollte. Nach massiver Kritik wurde der Verkauf kurzfristig gestoppt. Die Herkunft der Objekte sowie der künftige Umgang mit ihnen sind derzeit ungeklärt.