Diakonie-Chef: Sterbewunsch nicht immer Ausdruck von Selbstbestimmung

Diakonie-Chef: Sterbewunsch nicht immer Ausdruck von Selbstbestimmung
Nach dem Tod der Kessler-Zwillinge wird über assistierten Suizid debattiert. Diakonie-Präsident Rüdiger Schuch weist darauf hin, dass sich hinter dem Willen zu sterben oft ein ganz anderer Wunsch verbirgt.

Berlin (epd). Der Präsident der Diakonie Deutschland, Rüdiger Schuch, mahnt in der Debatte um assistierten Suizid dazu, Sterbewünsche nicht allein als Ausdruck von Selbstbestimmung zu begreifen. „Selbstbestimmung verdient Respekt und ist in jedem Einzelfall zu achten und ernst zu nehmen“, sagte Schuch dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Zugleich lehren uns die Erfahrungen diakonischer Arbeit, dass nahezu jeder Sterbewunsch, auch der nach assistiertem Suizid, Ausdruck einer existenziellen Krise sein kann.“

Es gebe nicht nur den klaren Wunsch zu sterben, erklärte Schuch weiter, sondern auch den Wunsch, nicht mehr so weiterleben zu müssen. Damit verbunden sei oft der Wunsch nach Gemeinschaft, Gespräch und Begleitung. Die Berichterstattung zum Tod von Alice und Ellen Kessler zeige, wie stark existenzielle Fragen um würdevolles Altern und Autonomie am Lebensende bewegten. Dabei geht es laut Schuch nicht nur um medizinische Fragen, sondern auch um soziale und spirituelle Begleitung von Menschen in Krisen, von Schwerkranken und Sterbenden.

Möglichkeiten zur Hilfe nicht ausgeschöpft

Die Entertainerinnen Alice und Ellen Kessler waren am Montag im Alter von 89 Jahren in Grünwald bei München gestorben. Sie hatten dabei die Dienste der Deutschen Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS) genutzt, wie die Organisation nach dem Tod bekanntgab. Demnach handelte es sich um „assistierten Suizid“.

Schuch sagte, die Diakonie setze sich dafür ein, dass Sterbewünsche zwar ausgesprochen werden dürften, aber Menschen nicht aus Lebensüberdruss, Einsamkeit, Armut oder innerer Erschöpfung ihr Leben beenden wollten. Der Diakonie-Chef drang auf Ausbau und gesetzliche Verankerung der Suizidprävention, der Hospizarbeit und der Palliativversorgung: „Die Möglichkeiten, Menschen in Notlagen wirksame Hilfe anzubieten, sind noch längst nicht ausgeschöpft.“ Er nannte die Telefonseelsorge, den Ausbau psychiatrisch-psychosozialer Krisendienste und präventive Hausbesuche für Über-75-Jährige.