Calbe (epd). Mit einem Friedenssymbol ist am Mittwoch ein judenfeindlich gestalteter historischer Wasserspeier an der Stadtkirche St. Stephani in Calbe (Saale) dauerhaft verhüllt worden. Bei einer Gedenkstunde am Buß- und Bettag wurde ein aus einem Geflecht metallener Ölzweige bestehendes Kunstwerk eingeweiht, das sich um die sogenannte „Judensau“ rankt.
Der Superintendent des evangelischen Kirchenkreises Egeln, Matthias Porzelle, erklärte, das Werk des Künstlers Thomas Leu banne „das steinerne Zeugnis des Antisemitismus“. Metallbildhauer Leu ergänzte: „So überformt ein christliches und zugleich auch jüdisches Symbol des Friedens dieses frühere Sinnbild des Hasses.“
Die Idee dazu sei im Gespräch mit Vertretern der jüdischen Gemeinden in Sachsen-Anhalt entstanden. „Ich habe mich besonders gefreut“, sagte Leu, dass auch der endgültige Entwurf „die ausdrückliche Zustimmung“ des Verbandes der jüdischen Gemeinden gefunden habe.
Geschichte nicht leugnen
Erst im Zuge von Bauarbeiten im Jahr 2016 war die judenfeindliche Skulptur an der Stadtkirche von Calbe ins öffentliche Bewusstsein geraten. Verantwortliche der Kirchengemeinde hatten sich für eine entschiedene Distanzierung von diesem Zeugnis des christlichen Judenhasses eingesetzt. Eine Beseitigung der Schmähplastik hatte 2020 der Denkmalschutz untersagt. Als Kompromiss wurde eine zeitweilige Verhüllung der Figur bis 2024 vereinbart, sagte Porzelle.
Schmähfigur nicht komplett verdeckt
Das Kunstwerk von Thomas Leu verdeckt die Schmähfigur absichtlich nicht komplett. Damit stehe die Einfriedung auch symbolisch dafür, die Geschichte und den immer wieder aufbrechenden Antisemitismus nicht zu leugnen, hieß es. Darauf verweist auch die Gedenktafel, die an der Kirche angebracht wurde: „Wir werden stets darauf achten, dass die Würde und die Rechte aller Menschen gewahrt werden und uns allen Versuchen und Handlungen von Ausgrenzung, Entwürdigung oder Antisemitismus in dieser Stadt entgegenstellen“, steht auf der Gedenktafel.
Nach Informationen der Evangelischen Akademie Sachsen-Anhalt stammt die Schmähplastik aus dem 19. Jahrhundert und gehört zu insgesamt 14 Wasserspeiern an den Strebepfeilern der St. Stephani-Kirche. Die Skulptur zeigt einen Mann mit Schläfenlocken, der Teile seines Gesichts in den Hintern eines Schweins drückt. Schweine gelten im Judentum als unrein.



