Berlin (epd). In Deutschland gab es im vergangenen Jahr Zählungen zufolge mehr als eine Million wohnungslose Menschen. Nach Hochrechnung der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe hatten 2024 bundesweit mindestens 1.029.000 Menschen keine eigene Wohnung. Rund 56.000 hätten ganz ohne Unterkunft auf der Straße gelebt, teilte die Bundesarbeitsgemeinschaft am Montag in Berlin mit. Im Vorjahr 2023 waren es 928.000 wohnungslose Menschen, darunter 54.000 Obdachlose.
Mit einem Plus von 14 Prozent gegenüber dem Vorjahr sei besonders stark die Zahl wohnungsloser Personen aus Nicht-EU-Staaten gestiegen. Als wohnungslos gilt laut Definition, wer über keine eigene angemietete Wohnung oder Wohneigentum verfügt.
264.000 Kinder und Jugendliche
Rund drei Viertel (765.000) der wohnungslosen Personen waren demnach Erwachsene. Davon waren 61 Prozent männlich (465.000) und 39 Prozent weiblich (300.000). Rund 264.000 der Wohnungslosen waren Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. Sie waren zumeist mit ihren Eltern in Unterkünften untergebracht.
Besonders betroffen sind laut Bundesarbeitsgemeinschaft Zugewanderte. 80 Prozent der Wohnungslosen (820.000) besaßen 2024 keine deutsche Staatsbürgerschaft. Davon waren 55.000 EU-Bürger. 765.000 hatten eine andere Staatsbürgerschaft oder waren staatenlos. Der Anteil der wohnungslosen Menschen mit deutscher Staatsangehörigkeit betrug 20 Prozent (209.000 Personen). Zu den häufigsten Auslösern von Wohnungslosigkeit gehören laut Bundesarbeitsgemeinschaft Miet- und Energieschulden, Konflikte im Wohnumfeld, Trennung oder Scheidung und Ortswechsel.
Starker Anstieg durch Ukraine-Krieg
Laut Fachreferent Paul Neupert unterscheidet sich die Hochrechnung der Bundesarbeitsgemeinschaft von den öffentlichen Zahlen. Das Statistische Bundesamt stützt sich auf die von den Städten und Kommunen gemeldeten ordnungsrechtlich untergebrachten Personen ohne eigenes Dach über dem Kopf. Erst seit 2022 werden auch Geflüchtete erfasst, die von den Behörden in Wohnheimen oder Massenunterkünften untergebracht sind. Wegen des Krieges in der Ukraine gab es deshalb auch von 2022 zu 2023 einen sprunghaften Anstieg um 68 Prozent.
Die Bundesarbeitsgemeinschaft erfasst dagegen auch wohnungslose Menschen, die unter dem behördlichen Radar sind, weil sie sich beispielsweise selbst in Billigpensionen und Monteurswohnungen eingemietet haben oder ohne Mietvertrag auf Campingplätzen oder in Gartenanlagen leben.
Mehr Sozialwohnungsbau gefordert
Die Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft, Susanne Hahmann, sprach am Montag von alarmierenden Zahlen. „Die Wohnungslosigkeit in der Bundesrepublik Deutschland hat einen Höchststand erreicht und ein Ende ist nicht in Sicht“, warnte sie. Die Ursachen, zu wenig bezahlbarer Wohnraum, Armut und drohende Kürzungen im sozialen Sicherungssystem, seien bekannt: „Wenn Politik und Gesellschaft nicht entschieden gegensteuern, werden noch mehr Menschen ihr Zuhause verlieren.“ Dringend notwendig sei es, den Sozialwohnungsbau anzukurbeln und wirksame Maßnahmen zur Dämpfung der Mietpreisentwicklung zu ergreifen.



