Volkstrauertag-Gedenken: "Lasst euch nicht verhetzen"

Volkstrauertag-Gedenken: "Lasst euch nicht verhetzen"
Beim zentralen Gedenkakt am Volkstrauertag mahnte der italienische Staatspräsident Mattarella im Bundestag: "Nie wieder". Bundespräsident Steinmeier sprach das Totengedenken in einer neuen Fassung.
16.11.2025
epd
Von Jonas Grimm (epd)

Berlin (epd). Mit einer zentralen Gedenkstunde zum Volkstrauertag ist am Sonntag im Bundestag der Toten von Krieg und Gewaltherrschaft gedacht worden. „Wie viel Tote braucht es noch, bevor man aufhört, den Krieg als Mittel zur Lösung von Konflikten zwischen Staaten zu betrachten?“, fragte der italienische Staatspräsident Sergio Mattarella als Gastredner. Jede Generation habe ihre Aufgabe. „Insofern sei unser Auftrag: Nie wieder.“

Er erinnerte an die 70 bis 80 Millionen Toten der beiden Weltkriege, verwies aber auch auf die derzeitigen Kriege etwa in der Ukraine, in Gaza und dem Sudan. „Der Friede ist kein endgültiges Ziel, sondern ein Ergebnis des unablässigen Bemühens“, sagte Mattarella.

Schneiderhan: „Krieg entsteht nicht über Nacht“

Der Präsident des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge, Wolfgang Schneiderhan, erinnerte daran, dass auf einer Konferenz 1955 im sizilianischen Messina der Weg zu einer europäischen Gemeinschaft geebnet worden sei. Er warnte: „Ein Krieg entsteht nicht über Nacht. Er wird vorbereitet, durch die Verbreitung von Hass und Hetze“, und appellierte: „Lasst euch nicht verhetzen. Seid solidarisch mit denen, die angegriffen und bedrängt werden, international und im eigenen Land.“

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sprach das Totengedenken in einer neuen Fassung: Darin wurde auch an die erinnert, die wegen ihrer geschlechtlichen oder sexuellen Identität verfolgt und getötet wurden, sowie an Polizisten, die im Auslandseinsatz ihr Leben verloren. „Unser Leben steht im Zeichen der Hoffnung auf Versöhnung unter den Menschen und unter den Völkern.“

Klöckner: „Lauter Ruf aus der Vergangenheit“

Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) bezeichnete den Volkstrauertag als „lauten Ruf aus der Vergangenheit“ und eine „Mahnung an uns im Heute, in einer Zeit wachsender historischer Distanz zu den Schrecken der beiden Weltkriege und gleichzeitiger Kriegsrealität“. Frieden und Demokratie „sind keine Zustände, die einfach gegeben sind“, sagte Klöckner. Wer die Opfer von Krieg und Gewalt ehre, „weiß, wohin Hass und Verblendung führen“. Die Bundestagspräsidentin hatte für das Reichstagsgebäude Trauerbeflaggung angeordnet.

Bei der Kranzniederlegung am Ehrenmal der Bundeswehr in Berlin würdigte der Generalinspekteur der Bundeswehr, Carsten Breuer, die im Dienst für Deutschland ums Leben gekommenen Bundeswehrangehörigen und ihren Einsatz für Freiheit, Sicherheit und gemeinsame Werte. „Die Lücke, die der Tod gerissen hat, wird sich nicht wieder schließen lassen“, sagte er.

Kriegsgräber verfallen

Der Präsident des Volksbunds Schneiderhan warnte zum Volkstrauertag zudem vor einem Verfall der Kriegsgräber. Der Volksbund habe einen Investitionsstau von derzeit deutlich über 20 Millionen Euro, darunter auch für die 23 Kriegsgräberstätten in Westeuropa, die die UNESCO unter den Schutz des Weltkulturerbes gestellt habe, sagte er dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (Sonntag)