Gießen (epd). Die Gießener Politikwissenschaftlerin Dorothée de Nève sieht im breiten Protestbündnis gegen die Gründungsversammlung der AfD-Jugend in Gießen „ein starkes Signal für Zusammenhalt und Partizipation“. Die Stadtgesellschaft von Gießen und zivilgesellschaftliche Organisationen aus dem ganzen Land setzten damit ein demokratisches Signal „des Widerstands gegen die wachsende rechtsextremistische Gefahr“, sagte die Parteienforscherin dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Am 29. und 30. November soll in Gießen eine neue bundesweite AfD-Jugendorganisation gegründet werden. Die bisherige Nachwuchsorganisation der AfD hatte sich im März aufgelöst.
Solange die AfD als Partei nicht verboten sei, stehe es ihr frei, auch wieder eine neue Jugendorganisation zu gründen, sagte de Nève. „Es geht um die Interessenvertretung und die Selbstorganisation von Bürgern - in diesem konkreten Fall eben um die Selbstorganisation von jungen Bürgern am extremen rechten Rand des politischen Spektrums.“
#Alle Jugendorganisationen radikaler als Mutterparteien
Interessant sei, dass die Jugendorganisationen aller Parteien dazu tendierten, etwas radikaler zu sein als ihre Mutterparteien. Bei der AfD habe sich die bisherige Jugendorganisation extrem radikalisiert. „Das wurde für die Partei als Ganzes zu einem strategischen Risiko, wenn es um die Diskussion eines potenziellen Parteiverbotes geht.“ Bei der Neuaufstellung der AfD-Jugendorganisation zeichne sich allerdings bereits jetzt ab, dass Personen involviert sein werden, „die sich jenseits des demokratischen Spektrums bewegen und entsprechende Kontakte in die gewaltbereite rechtsextreme Szene pflegen“.
Den derzeitigen Zulauf für die AfD erklärt die Parteienforscherin unter anderem damit, dass sich einige Wähler vom Stil der AfD „des kontinuierlichen Tabubruchs“ angesprochen fühlen oder den Ängsten erliegen, „die in diesen polarisierten Debatten permanent geschürt werden“. Allerdings begründe sich der Zulauf der AfD auch in der Übernahme von deren Positionen durch andere Parteien, etwa in der Migrationspolitik, oder den Angriffen gegen Justiz, Medien und Wissenschaft, konstatierte die Wissenschaftlerin. „Dadurch wird letztlich die AfD weiter gestärkt und das politische Klima weiter vergiftet.“



