Lüneburg, Königslutter (epd). Angesichts steigender Zahlen bei den offenen Verfahren halten die Verwaltungsgerichte in Niedersachsen die nach dem Gemeinsamen Europäischen Asylsystem (GEAS) geplante Beschleunigung von Asylverfahren auf sechs Monate für kaum umsetzbar. „Wir haben bei unseren Beständen einen neuen Höchststand erreicht, der sogar die Jahre nach 2015 übertrifft“, sagte der Präsident des niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts in Lüneburg, Frank-Thomas Hett am Freitag.
Andere Verfahren bleiben liegen
Die Asylverfahren könnten nur dann in der vorgesehenen Frist erledigt werden, wenn andere Verfahren dafür länger liegen blieben. „Das ist den Bürgerinnen und Bürgern, die bei uns aus guten Gründen um Rechtsschutz nachsuchen, aber nicht zu vermitteln“, sagte Hett. Aktuell gebe es mehr als 34.000 offene Gerichtsverfahren trotz einer personellen Verstärkung der Gerichte, erläuterte er zum Abschluss der niedersächsischen Verwaltungsrichtertage. Nach Angaben eines Sprechers waren dazu rund 170 Richterinnen und Richter in Königslutter zusammengekommen.
#Fast alle Entscheidungen werden angefochten
Auch wenn Asylanträge laut Medienberichten zurückgehen, wirkt sich das laut Hett bei den sieben Verwaltungsgerichten im Bundesland nicht aus. Vielmehr stiegen die Verfahrensbestände weiter an. „Aufgrund der personellen Verstärkung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge konnte die Zahl der dort entschiedenen Asylantragsverfahren deutlich gesteigert werden“, erläuterte er. Da nahezu jeder negative Bescheid vor Gericht angefochten werde, hätten sich die Neueingänge bei den Verwaltungsgerichten in den ersten neun Monaten des Jahres deutlich erhöht.
Die Bundesregierung hat die Umsetzung der EU-Asylreform in deutsches Recht Anfang September auf den Weg gebracht. Das Gemeinsame Europäische Asylsystem (GEAS) sieht vor, dass über Asylanträge von Menschen mit geringer Bleibeperspektive künftig bereits an der EU-Außengrenze entschieden wird. Die EU-Mitgliedstaaten müssen die GEAS-Reform bis Mitte 2026 umsetzen. Bundesweit hatten Gerichtspräsidenten bereits kritisiert, dass der Entwurf auch vorsehe, dass über ein Asylverfahren in erster Instanz innerhalb von sechs Monaten entschieden werden müsse.



