Erster katholischer queerer TV-Gottesdienst übertragen

Erster katholischer queerer TV-Gottesdienst übertragen
Die Botschaft Jesu bedeute, "sei du selbst, stehe zu Dir", sagte der Pfarrer Karsten Weidisch bei der ersten Übertragung eines katholischen, queeren Gottesdienstes im Fernsehen. Zu Wort kamen dabei auch Mitglieder der Queergemeinde Münster.

Münster (epd). Eine Premiere beim TV-Gottesdienst: Erstmals ist am Sonntag ein katholischer queerer TV-Gottesdienst vom ZDF übertragen worden. Unter dem Motto „Wer bin ich - für dich?“ wurde die Messe in der Kirche St. Anna in Münster-Mecklenbeck von der Queergemeinde Münster gestaltet, die zu den ältesten ihrer Art in Deutschland gehört.

„Für uns als Queergemeinde Münster ist das ein riesiger Moment: Zum ersten Mal wird ein Queergottesdienst im Fernsehen gezeigt!“, schrieb die Gruppe auf Instagram. „Seit über 25 Jahren schaffen wir Raum für queeren Glauben, Akzeptanz und Gemeinschaft - und jetzt dürfen wir diese Botschaft mit ganz Deutschland teilen.“

Das Gleichnis vom Pharisäer und vom Zöllner aus dem Lukasevangelium (Kapitel 18, Verse 9 bis 14) habe die klare Botschaft: „Sei du selbst, stehe zu Dir! Sei so, wie du bist, unterwegs!“, sagte Pfarrer Karsten Weidisch in seiner Predigt, gekleidet in einem grünen Liturgiegewand und roter Stola. Gott sage „uns allen: Lebe so, wie du bist, und bringe dich wirklich ehrlich in die Gemeinschaft ein“. Die Queergemeinde biete einen Ort, an dem queere Menschen „mit Freude, ohne Anfeindung in aller Öffentlichkeit und ohne Diskriminierung den befreienden Glauben leben können“.

Das Motto des Gottesdienstes „Wer bin ich - für dich?“ nimmt eine Aussage des verstorbenen Papstes Franziskus auf. Auf die Frage zum Umgang der Kirche mit homosexuellen Menschen hatte er geantwortet: „Wer bin ich, ihn zu verurteilen?“

„Queer bedeutet, ich darf sein, wie ich bin - mit meiner Liebe, meiner Identität und meinem Glauben“, sagte Alice Märtens von der Queergemeinde. Als sie damals gemerkt habe, dass sie sich zu Frauen hingezogen fühle, habe sie gedacht: lesbisch und in der katholischen Kirche zu sein, das passe nicht zusammen. In der Queergemende habe sie „Halt und Sicherheit gefunden“. Da habe sie gemerkt, dass es möglich sei, „meinen Glauben in der Gemeinschaft, in der katholischen Kirche zu leben“.

Ein anderes Gemeinde-Mitglied berichtete davon, dass ihn der christliche Glauben von Kindesbeinen an begleitet habe. Es sei ein wunderbares Gefühl, „wenn dich dein Glaube trägt im Leben“. Eine „einseitige kirchliche Entscheidung“ habe dann jedoch dazu geführt, dass er die Ausbildung als Diakon nicht habe fortführen können. Da sei für ihn etwas weggebrochen. In der Queergemeinde habe er Ermutigung erlebt.

Die Queergemeinde in Münster bietet nach Angaben der Katholischen Hörfunk- und Fernseharbeit Menschen, die lesbisch, schwul, bisexuell, trans, queer oder inter sind, seit 1999 einen sicheren Raum, ihren Glauben zu leben. Der erste übertragene queere katholische TV-Gottesdienst fand nach Angaben der Veranstalter mit erhöhten Sicherheitsmaßnahmen statt.

„Viele, gerade queere Menschen, haben in unserer Kirche ein schweres Kreuz tragen - Anfeindung, Ablehnung, Ausgrenzung“, sagte am Ende der Gottesdienstausstrahlung Jan Diekmann von der Queergemeinde. Gott wolle nicht, „dass wir unter der Last des Kreuzes zerbrechen“. Das Kreuz zu tragen, heiße nicht, es allein zu schultern, sondern solidarisch zu sein, zu helfen und Hilfe anzunehmen.