Frankfurt a.M. (epd). Die vom Krieg traumatisierten Kindern im Gaza-Streifen brauchen laut der Psychologin Katrin Glatz Brubakk dringend Sicherheit und Hilfe. Die Erfahrungen von Tod und Zerstörung drohten das ganze Leben und die Zukunftschancen der Mädchen und Jungen zu zerstören, sagte Glatz Brubakk im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Es gibt eine Million Kinder in Gaza und keines, kein einziges von ihnen ist nicht traumatisiert.“
Ohne psychologische Unterstützung hätten sie „in ihrem zukünftigen Leben Mühe, eine Ausbildung zu machen, eigene Bedürfnisse zu entwickeln“, erklärte die Kinderpsychologin und Traumatherapeutin, die für die Hilfsorganisation „Ärzte ohne Grenzen“ Anfang des Jahres zwei Mal für mehrere Wochen im Nasser-Krankenhaus im Süden des Gaza-Streifens im Einsatz war. „Kinder, die lange in Unsicherheit leben oder im Krieg mit großer Angst, entwickeln das, was ich kognitive Kriegsschäden nenne.“
Stark traumatisierte Kinder und Jugendliche reagieren nach Erfahrung von Glatz Brubakk auf zweierlei Weise: Die einen seien „die lauten Kinder, die total unruhig werden, die nie entspannen können, die nicht schlafen können. Sie schreien oft, manche reißen sich die Haare aus vor lauter Verzweiflung“. Diesen Kindern sehe man das Leid sehr genau an, sagte die Kinderpsychologin. Es gebe aber auch Kinder, „die total apathisch werden, die die Augen nicht mehr aufmachen, die kaum noch reden, die nicht am Spielen teilnehmen“.
Die Kinder im Gaza-Streifen bräuchten dringend einen geborgenen, sicheren Alltag und längere Traumatherapien, betonte Glatz Brubakk. Das sei unter den aktuellen Bedingungen jedoch nicht möglich. „Was wir anbieten können, sind diese kleinen Pausen, in denen sich das Nervensystem ein bisschen beruhigt.“ Dafür greift die Therapeutin zu einem ganz einfachen Mittel: „Ich habe immer Seifenblasen dabei.“ Nicht nur die Ruhe, die von ihnen ausgehe, und die schönen Farben seien hilfreich. Sie nutze Seifenblasen auch als beruhigende Atemübung. So könnten die Kinder zumindest für kurze Momente aus dem chronischen Angstmodus herauskommen.
Um irgendwann wieder in ein Leben ohne Angst zurückzufinden, benötigten die Kinder jedoch wieder ein sicheres Umfeld. „Sie brauchen ein Haus, wo sie wohnen und sich sicher fühlen können“, sagte Glatz Brubakk. Sie müssten zur Schule gehen, spielen, einfach Kinder sein können. „Nur wenn wir ihnen wieder eine normale Kindheit anbieten können, gibt es Hoffnung für eine bessere Zukunft.“



