Leer (epd). Der frühere Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestags, Reinhold Robbe (SPD), hält ein Losverfahren für die Rekrutierung von Wehrdienstleistenden für gänzlich ungeeignet. Es berge die Gefahr, dass die Rekruten sich als Verlierer betrachteten und entsprechend wenig motiviert ihren Dienst verrichten, sagte Robbe dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Sie haben das Gefühl, sie hätten die Niete gezogen. Das ist katastrophal.“
Die Politik sollte zunächst abwarten, ob das von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) vorgelegte Modell zum gewünschten Erfolg führe und sich genügend Freiwillige zum Wehrdienst melden, schlug der aus Ostfriesland stammende ehemalige Bundestagsabgeordnete vor. Immerhin sei der Dienst mit neuen Ausbildungsinhalten und einer Bezahlung von monatlich mehr als 2.000 Euro deutlich attraktiver als in der Vergangenheit.
Er habe als Mitglied eines Beratergremiums des Verteidigungsministeriums gerade die Streitkräfte in Schweden besucht, berichtete der 71 Jahre alte Robbe. An deren Modell habe sich Pistorius orientiert. Dort bestehe eine Wehrpflicht für Männer und Frauen. Allerdings hätten sich bislang immer ausreichend Freiwillige zum Wehrdienst gemeldet. Das Auswahlverfahren beruhe auf einem Fragebogen, wie ihn auch Pistorius plane. Für den Fall, dass nicht genügend Freiwillige zur Verfügung stünden, suche der schwedische Staat diejenigen Menschen für den Dienst aus, deren Qualifikation benötigt werde.
Langfristig sprach sich Robbe für die Wiedereinführung einer Wehrpflicht in Deutschland aus. Diese sollte dann für Männer und Frauen gleichermaßen gelten. Allerdings gebe es dafür derzeit weder die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag noch genügend Ausbildungs- und Unterbringungskapazitäten.
Das Argument, die Wehrpflicht nur für Männer sei der gerechte Ausgleich dafür, dass Frauen die größeren Lasten etwa in der Care-Arbeit zu tragen hätten, verdiene zwar Beachtung, sagte der SPD-Politiker, der von 2005 bis 2010 Wehrbeauftragter war. Er sehe allerdings die junge Generation auf einem guten Weg zu echter Gleichberechtigung. Zudem sei zu befürchten, dass Frauen eine Wehrpflicht für sich einklagen, falls sie nicht gesetzlich festgeschrieben werde.
Darüber hinaus forderte Robbe eine breite gesellschaftliche Debatte über die Rolle der Bundeswehr. Daran sollten sich auch die Kirchen beteiligen, sagte Robbe, der berufener Synodaler der Evangelisch-reformierten Kirche mit Sitz in Leer ist: „Wir müssen noch einiges tun, um mehr Akzeptanz für die Landes- und Bündnisverteidigung zu bekommen.“