Frankfurt a.M. (epd). Die Klimaaktivistin Luisa Neubauer hält neue Erzählungen über den Sinn des Seins für notwendig. Das aktuelle Verständnis dieses Sinns besage, dass es den eigenen Kindern besser gehe, wenn man anpacke und hart arbeite, sagte Neubauer im Podcast „Über das Ende“ des Magazins „chrismon“ (Donnerstag). „Was nicht miterzählt wird, ist, dass das ökologisch gerade total scheitert.“ Die Existenzgrundlagen der Kinder würden schmaler. Die Konsequenz aus dieser Krise sei, dass Menschen sich einigelten oder sich gegeneinander wendeten.
„Was ich beobachte ist, dass wir als kritisch Reflektierte in der Gesellschaft relativ gut darin geworden sind, zu beschreiben, was wir ablehnen, aber noch nicht gut genug darin geworden sind, zu beschreiben, was wir wollen“, sagte Neubauer weiter. Wer am Allgemeinwohl interessiert sei, brauche dringend neue Erzählungen einer besseren Welt.
Zum Klima als Thema sei sie auch durch ihr kirchliches Engagement in ihrer Jugend gekommen, berichtete Neubauer. Bei einem Jugendaustausch habe sie einige Wochen bei einer Partnergemeinde in einem Dorf in Tansania zugebracht. Dort sollte eine Wasserleitung eingeweiht werden, für die ihre Hamburger Kirchengemeinde Geld gesammelt hatten. „Es stellte sich heraus, dass, seitdem die Wasserleitung geplant worden war, also einige Jahre davor, sich dort das Klima schnell verändert hatte.“ Die Quelle, die das Dorf mit Wasser versorgen sollte, sei weitgehend versiegt gewesen.
„Ich fand das betrügerisch“, sagte Neubauer. Es werde erzählt, dass Entwicklungshilfe Gerechtigkeit, Frieden, ein Ende extremer Armut und Bildung für Mädchen bringe. „Ich habe gedacht: Wir verarschen die alle, weil wir unsere Kohlekraftwerke nicht abschalten. Es sind unsere Emissionen, die das Klima verändern, und wir erzählen irgendwas davon, dass die Welt besser werde für alle.“