Sea-Watch kritisiert Gewalt libyscher Milizen im Mittelmeer

Sea-Watch kritisiert Gewalt libyscher Milizen im Mittelmeer

Frankfurt a.M. (epd). Die Seenotrettungsorganisation Sea-Watch prangert Gewalt libyscher Milizen gegen Flüchtlinge und Seenotretter im Mittelmeer an. Ein Bericht dokumentiere 60 solcher gewaltsamer Vorfälle auf See seit 2016, teilte Sea-Watch am Dienstag mit. In 54 Fällen sei die libysche Küstenwache für die Gewalt verantwortlich. Dazu zählt auch der Beschuss von Seenotrettern mit scharfer Munition.

Libyen ist eines der wichtigsten Transitländer für Flüchtlinge und Migranten aus Afrika auf dem Weg nach Europa. Die libysche Küstenwache, die immer wieder wegen ihres brutalen Vorgehens auf dem Mittelmeer in der Kritik steht, wird auch von der Europäischen Union unterstützt.

An der EU-Marinemission „Irini“, auf dem Mittelmeer, die laut Mandat unter anderem illegalen Waffenhandel und illegale Ölausfuhren verhindern sowie Schleuserkriminalität bekämpfen soll, ist wiederum auch die Bundeswehr beteiligt. Das Bundeskabinett brachte am vergangenen Mittwoch eine Verlängerung des Mandats um ein weiteres Jahr auf den Weg.

Sea-Watch kritisiert eine Änderung in dem Kabinettsantrag, der anders als in den Jahren davor keine Ausschlussklausel für die Zusammenarbeit mit der libyschen Küstenwache vorsieht. Stattdessen heißt es dort nun: Die Operation helfe „den einschlägigen libyschen Einrichtungen“ beim Aufbau ihrer „Kapazitäten und Schulungen im Bereich der Strafverfolgung auf See, insbesondere zur Verhinderung von Schleuserkriminialität und Menschenhandel“.

Sea-Watch wirft der libyischen Küstenwache „extreme Gewalttaten“ vor. So dokumentiert die zivile Seenotrettungsorganisation in ihrem Bericht unter anderem gezielten Beschuss, Vorfälle mit Todesfällen von Flüchtlingen, die Behinderung von Rettungsaktionen sowie Schläge gegen Menschen in Not. Mindestens 54 Fälle ereigneten sich demnach in internationalen Gewässern, entweder in der maltesischen oder der libyschen Such- und Rettungszone. Dabei geht die Seenotrettungsorganisation von einer hohen Dunkelziffer aus.

In den vergangenen Monaten hatte die libysche Küstenwache in zwei Fällen die Schiffe ziviler Seenotretter nach deren Angaben beschossen. Im August war die „Ocean Viking“ der Organisation SOS Méditerranée für mehrere Minuten unter Beschuss gekommen. Die Seenotretter warnten damals vor einem bisher beispiellosen Ausmaß von Gewalt. Ende September wurde die „Sea-Watch 5“ von Sea-Watch von einem Patrouillenboot der Küstenwache mit scharfer Munition beschossen. In beiden Fällen blieben die Crew und aus Seenot gerettete Flüchtlinge an Bord unverletzt.