Gewalt nach Festnahmen: Ermittlungen gegen Frankfurter Polizisten

Gewalt nach Festnahmen: Ermittlungen gegen Frankfurter Polizisten
Gegen Frankfurter Polizistinnen und Polizisten stehen schwere Vorwürfe im Raum: Staatsanwaltschaft und Landeskriminalamt ermitteln wegen Gewalt und Amtsmissbrauch. Der hessische Innenminister Poseck zieht personelle Konsequenzen.

Frankfurt a.M., Wiesbaden (epd). Gegen 17 Beamtinnen und Beamte eines Polizeireviers in Frankfurt am Main wird wegen des Verdachts auf Polizeigewalt ermittelt. Die Frankfurter Staatsanwaltschaft und das Hessische Landeskriminalamt (LKA) ließen in diesem Zusammenhang am Freitagmorgen 4 Dienststellen und 21 Privatwohnungen durchsuchen. Es bestehe der Verdacht der Körperverletzung und der Strafvereitelung im Amt sowie der Verfolgung Unschuldiger, teilten die Behörden mit.

Der hessische Innenminister Roman Poseck (CDU) wechselte als Reaktion auf die Vorwürfe die Spitze des Ersten Polizeireviers in Frankfurt aus. Auch wenn es derzeit keinerlei Anhaltspunkte für einen Vorwurf gegen die bisherige Revierleitung gebe, sei das notwendig, um die Handlungsfähigkeit des Reviers zu sichern. Gegen alle 17 Beamtinnen und Beamte, gegen die ermittelt wird, würden Disziplinarverfahren eingeleitet. Den sechs Hauptbeschuldigten sei das Führen der Dienstgeschäfte verboten worden.

Poseck kündigte zudem einen engen Austausch mit der neuen Revierleitung und dem Frankfurter Polizeipräsidenten Stefan Müller an. „Wir müssen alles dafür tun, dass sich diese Vorfälle nicht wiederholen“, sagte der Minister.

Die Vorwürfe richten sich laut Staatsanwaltschaft und LKA gegen fünf Polizeibeamtinnen und zwölf Polizeibeamte im Alter zwischen 24 und 56 Jahren, die in einer von fünf Dienstgruppen auf dem Frankfurter Polizeirevier tätig waren. Sie sollen im Frühjahr in sechs Fällen Festgenommenen unberechtigt körperlichen Schaden zugefügt oder dies geduldet und die Übergriffe nicht angezeigt haben. Die Taten seien teilweise auf Überwachungskameras oder Bodycams aufgezeichnet worden. Um das eigene Vorgehen zu verschleiern, seien gegen fünf der mutmaßlichen Opfer Ermittlungsverfahren wegen angeblichen Widerstands oder tätlicher Angriffe gegen Vollstreckungsbeamte eröffnet worden.

Bei den verdächtigten Polizistinnen und Polizisten seien Mobiltelefone und Datenträger sichergestellt worden, die nun ausgewertet würden. „Bislang liegen keine Hinweise auf ein extremistisches Motiv vor“, teilten Staatsanwaltschaft und LKA mit.

Das Erste Frankfurter Polizeirevier war bereits vor einigen Jahren im Zusammenhang mit der sogenannten „NSU 2.0“-Affäre in die Schlagzeilen geraten. Von dortigen Polizeicomputern waren im August 2018 die privaten Daten der Rechtsanwältin Seda Basay-Yildiz und ihrer Familienangehörigen abgerufen worden, kurz bevor das erste mit „NSU 2.0“ unterschriebene Drohschreiben per Fax an Basay-Yildiz verschickt wurde.

Der Frankfurter Polizeipräsident Müller sprach von „gravierenden Vorwürfen“ gegen die Dienstgruppe. Die Verdachtslage erschüttere ihn. „Menschen im Gewahrsam der Polizei müssen sicher vor Übergriffen sein“, erklärte er.

Innenminister Poseck sagte, das mögliche Fehlverhalten innerhalb einer Dienstgruppe dürfe nicht verallgemeinert werden: „Mir kommt es auf eine klare Trennlinie zwischen den sehr wenigen Beamten, die sich mutmaßlich fehlverhalten haben, und den anderen mehr als 16.000 rechtschaffenen Polizisten in Hessen an.“

Poseck sagte am Freitag in Wiesbaden, dass das „polizeiliche Frühwarnsystem“ gegriffen und zu den Ermittlungen gegen die Beamtinnen und Beamten in Frankfurt geführt habe. Nachdem „auffällig viele Anzeigen“ registriert worden seien, habe das Polizeipräsidium die Fälle an das Landeskriminalamt weitergegeben, das nun ermittelt.