Düsseldorf (epd). Die Konferenz der unabhängigen Datenschutzbehörden von Bund und Ländern (DSK) fordert ein Nein der Bundesregierung zu einer in der Europäischen Union diskutierten Chatkontrolle. Die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit in NRW, Bettina Gayk, erklärte am Mittwoch, es sei „erschreckend“, dass die Diskussion über die Chatkontrollen immer wieder aufflackere. „Das zeigt, dass das digital Mögliche Begehrlichkeiten weckt, die unsere freiheitliche Demokratie angreifen.“
„Säßen in den Postfilialen Personen, die vorsorglich alle Briefe öffnen dürften, um mal nachzusehen, ob da Hinweise auf schwere Straftaten zu finden sind, oder würden sich staatliche Stellen anlasslos auf Telefonate zuschalten dürfen, wäre recht anschaulich, dass wir es mit einem autoritären Staat zu tun haben dürften“, erklärte die Beauftragte die Bedeutung der Chat-Kontrolle. Das Post- und Fernmeldegeheimnis schütze die Gesellschaft davor, ohne konkrete Verdachtsmomente überwacht zu werden. „Nichts anderes kann für unsere digitale Kommunikation gelten.“
Die dänische Regierung hat den Angaben zufolge als amtierende EU-Ratspräsidentschaft die Verordnung zur sogenannten Chatkontrolle auf die Tagesordnung des EU-Rats am 14. Oktober gesetzt. Im Entwurf der Verordnung sind verpflichtende Möglichkeiten zur Massenüberwachung privater Chats („Aufdeckungsanordnungen“) sowie die Möglichkeit des flächendeckenden Scannens von privaten Nachrichten auf den Endgeräten der Nutzerinnen und Nutzer eingefügt worden, wie die DSK erläuterte. Mit diesem sogenannten „Client-Side-Scanning“ könne die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung umgangen werden, da Nachrichten bereits vor dem verschlüsselten Versand durchsucht werden könnten.
Die Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit sowie diesjährige Vorsitzende der DSK, Meike Kamp, forderte im Namen der gesamten Konferenz die Bundesregierung auf, den Verordnungsentwurf zur Chatkontrolle in dieser Fassung abzulehnen, da rechtsstaatliche Grenzen überschritten würden. Anlasslose Massenüberwachungen, die Millionen Bürgerinnen und Bürger in der Europäischen Union unter Generalverdacht stellten, seien unverhältnismäßig, mahnte Kamp.
Zwar benötigten Sicherheitsbehörden wirksame Werkzeuge und rechtliche Möglichkeiten zur Bekämpfung und Vermeidung von sexuellem Missbrauch von Kindern, hieß es. Auch die DSK unterstütze diese Zielsetzung. Doch dieses Ziel dürfe nicht auf Kosten der Privatsphäre von Millionen von Personen verfolgt werden, die dafür keinen Anlass gegeben hätten.