Debatte um Reformationstag

Debatte um Reformationstag
Die CDU-Politikerin Gitta Connemann hält den Reformationstag am 31. Oktober als Feiertag für überholt, solange er für viele nur als bloße Freizeit genutzt wird. Die Kirchen verweisen auf die wichtige Funktion des Tages für den sozialen Zusammenhalt.

Hannover, Berlin (epd). Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) widerspricht der Forderung nach einer Abschaffung des Reformationstages mit dem Hinweis, dass gesamtwirtschaftliche Vorteile durch Feiertagsstreichungen nicht nachweisbar sind. „Deutschland zählt trotz seiner Feiertage zu den leistungsstärksten Volkswirtschaften der Welt. Empirische Belege für eine positive Wirkung der Abschaffung von Feiertagen gibt es nicht“, erklärte eine EKD-Sprecherin am Mittwoch dem Evangelischen Pressedienst (epd) auf Anfrage. Die CDU-Politikerin Gitta Connemann hatte den Reformationstag als arbeitsfreien Feiertag infrage gestellt.

Für Connemann, Bundesvorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT), ist der Reformationstag als arbeitsfreier Feiertag nicht mehr zeitgemäß, weil der Tag von vielen Menschen kaum noch aktiv wahrgenommen wird. Sie selbst gehe am Reformationstag, dem 31. Oktober, manchmal in die Kirche und sei dann immer verwundert, „dass die Kirchen leer sind“, sagte die evangelische Bundestagsabgeordnete in dem am Mittwoch veröffentlichten Podcast „Table.Briefings“ des Portals „Table.Media“.

Der Reformationstag sei weit mehr als ein kirchlicher Feiertag, argumentierte hingegen die EKD: „Er erinnert an einen historischen Aufbruch, der unser Land kulturell, geistig und politisch geprägt hat. Der Reformationstag steht für Erneuerung und bleibt genau deshalb auch für Wirtschaft und Gesellschaft in Zeiten der Transformation aktuell. Ruhe und Erholung sind Voraussetzung für unsere Leistungskraft.“ Der Reformationstag sei ein Feiertag, dessen Bedeutung weit über den Kirchenbesuch hinausgehe.

Der Landesbischof der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM), Friedrich Kramer, erklärte, als ehemaliger DDR-Bürger habe er lange in einem Land gelebt, in dem der Reformationstag staatlich nicht beachtet wurde. Er sei stolz gewesen, als er im Rahmen der Reformationsdekade von 2008 bis 2017 in vier norddeutschen Bundesländern als gesetzlicher Feiertag eingeführt worden sei, sagte Kramer dem epd in Erfurt. Die Argumentation, angesichts leerer Kirchen könne auf den Feiertag verzichtet werden, bezeichnete er als „absurd“. Nach dieser Logik könne man auch über die Abschaffung des Tags der Deutschen Einheit diskutieren, wenn sich kaum noch Menschen an den Feiern beteiligten.

Die Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen erklärte, ihr Bundesland habe sich sehr bewusst 2018 dafür entschieden, den Reformationstag als gesetzlichen Feiertag einzuführen. „Er ist ein wichtiger Anlass, gemeinsam über die Wurzeln und Werte der freiheitlichen Gesellschaft nachzudenken und schafft ein Forum für den Dialog zwischen und mit den Konfessionen und Religionen“, sagte Sprecher Benjamin Simon-Hinkelmann dem epd.

Der Sprecher der Evangelisch-lutherischen Landeskirche in Braunschweig, Michael Strauß erklärte: „Die Reformation und ihre Wirkungen waren ein kulturhistorisches Ereignis in Deutschland und für die ganze Welt, wie das Jubiläum zum 500-jährigen Bestehen noch einmal gezeigt hat.“ Ihn an subjektiven Eindrücken festzumachen, ob die evangelischen Kirchen an diesem Tag besonders publikumswirksame Aktionen veranstalten, gehe an diesem Sachverhalt komplett vorbei.

Auch Kirchenpräsident Bernd Kuschnerus wies den Vorschlag der CDU-Politikerin als „nicht weiter diskussionswürdig“ zurück. Ein Feiertag sei nichts, was „wir uns gönnen“, sondern eine gesellschaftliche Notwendigkeit in einer hochverdichteten Arbeits- und Lebenswelt, sagte der leitende Theologe der Bremischen Evangelischen Kirche auf Nachfrage dem epd.

Der Reformationstag ist in den östlichen Bundesländern, außer Berlin, gesetzlicher Feiertag. 2018 haben außerdem die norddeutschen Bundesländer Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein den 31. Oktober zum Feiertag erklärt. Damit ist an diesem Tag in 9 von 16 Bundesländern arbeitsfrei. Am Reformationstag erinnern Protestanten in aller Welt an die Anfänge der evangelischen Kirche vor rund 500 Jahren.