Karlsruhe (epd). Familiengerichte müssen den Wunsch eines Jugendlichen auf freiwilligen Umgang mit einem getrennt lebenden Elternteil respektieren. Entspricht dieser Wunsch dem Kindeswohl, sind trotz des Rechts des getrennten lebenden Elternteils auf einen festgelegten Umgang mit dem Kind ausnahmsweise keine gerichtlichen Umgangsregelungen zu treffen, entschied das Bundesverfassungsgericht in einem am Mittwoch veröffentlichten Beschluss. (AZ: 1 BvR 316/24) Verlangt ein Elternteil dagegen einen ausschließlich unbegleiteten Umgang mit seinem Kind, darf das Familiengericht eine Umgangsregelung ohne nähere Prüfung des Kindeswohls nicht verweigern, entschied das Gericht in einem zweiten Fall. (AZ: 1 BvR 810/25)
Im ersten Verfahren ging es um einen bei der allein sorgeberechtigten Mutter lebenden Jugendlichen. Der Vater wollte eine gerichtlich festgelegte Umgangsregelung mit dem Kind erreichen. Üblicherweise müssen Gerichte Umgangsregelungen treffen, weil die Eltern das Recht und die Pflicht zum Umgang mit ihrem Kind haben.
Das damals 15-jährige Kind hatte jedoch gesagt, dass es den Vater nur spontan besuchen will. Eine gerichtlich angeordnete regelmäßige Umgangsregelung lehnte es ab. Das Familiengericht verzichtete daraufhin, eine verbindliche Umgangsregelung festzulegen. Der Wunsch des Kindes nach Autonomie und Selbstbestimmtheit müsse geachtet werden, so die Begründung.
Im zweiten Fall ging es um ein heute achtjähriges, seit dem Frühjahr 2021 bei seinem Vater lebendes Kind. Die Mutter hat seit der Trennung der Eltern keinen Umgang mehr mit dem Kind. Einen von ihr geregelten, ausschließlich unbegleiteten Kindesumgang lehnte das Familiengericht aus Kindeswohlgründen ab. Es komme nur ein begleiteter Umgang in Betracht. Eine Regelung zum Kindesumgang wurde nicht getroffen.
Das Bundesverfassungsgericht erklärte beide Verfassungsbeschwerden wegen einer unzureichenden Begründung für unzulässig. Allerdings betonten die Verfassungsrichter, dass ein Familiengericht auf eine feste Umgangsregelung verzichten kann, wenn das Kind selbst über den Umgang mit dem Elternteil entscheiden will. Maßgeblich seien dann das Kindeswohl und die Fähigkeit des Kindes, sich einen eigenen Willen bilden zu können. Werde gegen den Willen des Kindes ein fester Umgang angeordnet, könne das Kindeswohl gefährdet sein, befand das Gericht.
Im zweiten Verfahren äußerten die Richter dagegen Zweifel, ob mit dem Verzicht auf eine Umgangsregelung das Elternrecht der Mutter verletzt wurde. Schließlich dauere die Umgangsunterbrechung bereits mehr als vier Jahre an. Damit werde „mit nicht unerheblichem Gewicht in das Elterngrundrecht“ der Mutter eingegriffen. Eine Kindeswohlgefährdung könne damit einhergehen, so das Gericht.