Jeder fünfte Ruheständler hat maximal 1.400 Euro netto pro Monat

Jeder fünfte Ruheständler hat maximal 1.400 Euro netto pro Monat
Renten konnten mit Inflation Schritt halten
Laut Statistischem Bundesamt beziehen Ruhestands-Haushalte 92 Prozent ihres Einkommens aus Renten oder Pensionen. Kürzungen könnten dazu führen, dass mehr Menschen im Alter auf Grundsicherung angewiesen sind, warnen Experten.

Wiesbaden (epd). Jede fünfte Person im Ruhestand ab 65 Jahren hat in Deutschland ein monatliches Nettoeinkommen von maximal 1.400 Euro zur Verfügung. Ein weiteres Fünftel verfügt über mehr als 1.400 Euro, aber weniger als 1.790 Euro im Monat, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag in Wiesbaden mitteilte. Mehr als 2.870 Euro hatte wiederum ein anderes Fünftel zum Leben.

Der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands, Joachim Rock, sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), in Zukunft würden mehr Menschen im Alter mit weniger Geld auskommen müssen, wenn nicht gegengesteuert werde. Der wissenschaftliche Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung, Sebastian Dullien, sah in den Zahlen sowohl die Stärken des deutschen Rentensystems verdeutlicht als auch die Risiken, die mit einigen derzeit diskutierten Reformvorschlägen einhergingen.

Betrachtet hat das Bundesamt Rentnerinnen und Rentner sowie Pensionäre und Pensionärinnen im Alter von mindestens 65 Jahren. Das sind rund 16,3 Millionen Menschen. Die Berechnungen fußen auf der Erhebung zu Einkommen und Lebensbedingungen (EU-SILC) 2024 und beziehen sich auf das sogenannte Nettoäquivalenzeinkommen. Es ist ein bedarfsgewichtetes Pro-Kopf-Einkommen, das das Einkommen von Menschen vergleichbar macht, die in unterschiedlich zusammengesetzten Haushalten leben.

Das mittlere Nettoäquivalenzeinkommen für Menschen ab 65 Jahren im Ruhestand lag nach der Berechnung bei 1.990 Euro monatlich. Eine Hälfte von ihnen hatte also weniger zur Verfügung, die andere mehr. Das mittlere Nettoäquivalenzeinkommen der Gesamtbevölkerung liegt bei rund 2.300 Euro monatlich.

Rock sagte, in den nächsten Jahren würden viele gebrochene Erwerbsbiografien sichtbar werden, wenn Arbeitnehmer der Nachwendezeit in den Ruhestand träten. Zudem bestehe die Altersvorsorge der heutigen Rentner- und Pensionärsgeneration zum Teil aus Wohneigentum. Kommende Generationen hätten diese Möglichkeit kaum.

Die Tatsache, dass laut Bundesamt Ruhestands-Haushalte zu 92 Prozent ihr Einkommen aus Renten oder Pensionen beziehen, bedeute, dass man deren Bezüge nicht mehr absenken könne, erläuterte Rock. Denn die Bedarfe dieser Menschen seien dann fast nur noch mit Sozialtransfers zu decken. „Man kann sie ja eigentlich nicht mehr in Arbeit bringen“, sagte er.

IMK-Direktor Dullien erklärte, die Ruhestandseinkünfte hätten auch in Zeiten hoher Inflation zwischen 2021 und 2024 mit den Lohneinkommen nahezu Schritt gehalten. Zugleich zeigten die Zahlen, dass Kürzungen in der Rente schnell die Altersarmut erhöhen könnten.

„Kürzungen bei dem aktuellen Rentenwert, etwa durch eine Erhöhung der Regelaltersgrenze, könnte die Zahl der Menschen erhöhen, die Grundsicherung im Alter beziehen müssen“, sagte Dullien. „Solche Kürzungen könnten am Ende den Bundeshaushalt an anderer Stelle wieder belasten.“ Eine Kürzung oder Abschaffung von Hinterbliebenenrenten dürfte Dulliens Worten zufolge den Gender Pension Gap auf 37 Prozent erhöhen.

Für die Stabilität des Rentensystems sei vor allem eine hohe und steigende Erwerbstätigkeit nötig, erklärte Dullien. Verbesserte Kinderbetreuung, Aus- und Weiterbildung und die Integration von Flüchtlingen in sozialversicherungspflichtige Jobs seien für eine höhere Erwerbstätigkeit und damit für die Stabilisierung der Renten am zielführendsten.