Dinslaken (epd). Die Hilfsorganisation Friedensdorf International sieht sich - anders als in den zurückliegenden Jahren - zurzeit nicht in der Lage, Kinder aus dem Gaza-Streifen zur Behandlung nach Deutschland zu bringen. Unter den aktuellen Bedingungen sei es unmöglich, „Kinder aus dem Gaza-Streifen herauszubringen, obwohl das Leid und Elend dort unvorstellbar ist“, sagte Sozialarbeiterin Claudia Peppmüller im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Organisation aus Dinslaken lässt seit Jahrzehnten kriegsverletzte Kinder in Deutschland behandeln. Vor zehn Jahren waren auch schon Mädchen und Jungen aus Gaza hier. Doch der Krieg dort habe alles verändert, unterstrich Peppmüller.
Derzeit sind nach ihren Worten für diese Mädchen und Jungen keine Einzelfallhilfen zur medizinischen Behandlung in Deutschland möglich. Die Hamas halte in Gaza noch immer alle Fäden in der Hand, sagt Peppmüller, die seit mehr als 30 Jahren für den 1967 gegründeten Träger aktiv ist. Diese Hürden bestünden, auch für die deutschen Städte, die Kindern aus Gaza gerne helfen würden. „Wir sehen im Moment keine Möglichkeiten zur Hilfe“, sagte die Sozialarbeiterin, die auch für die Öffentlichkeitsarbeit verantwortlich ist.
Sie sehe, wie viele andere Bürgerinnen und Bürger in Deutschland auch, täglich schreckliche Bilder aus Gaza, von verletzten Kindern, die kaum noch etwas zu essen haben. „Da will man helfen, das treibt auch die lokalen Politikerinnen und Politiker hier bei uns um. Und doch ist man total hilflos, ja im Grunde genommen völlig machtlos.“ Sie unterstelle niemanden, dass er nicht wirklich helfen wolle. „Aber so lange der Krieg herrscht, weiß keiner, wie die Zukunft in Gaza aussieht. Und eben auch nicht, wie humanitäre Hilfe geleistet werden kann. Dazu braucht es ein Mindestmaß an verlässlichen Strukturen im Land.“
Der Verein arbeitet nach dem Prinzip, verletzte und traumatisierte Kinder alleine ohne Begleitung Erwachsener nach Deutschland zu holen. „Wir beantragen ein Visum zur medizinischen Versorgung, das beinhaltet, dass jedes Kind grundsätzlich alleine nach Deutschland einreisen muss. Zudem garantieren wir den deutschen Behörden, dass die Kinder in ihre Heimatländer zurückkehren werden“, berichtete die Fachfrau. In diesem Modell stehe gar nicht die Frage im Raum, ob und welche Familienangehörigen mit nach Deutschland kommen.
Doch dieses Konzept lasse sich derzeit nicht realisieren. Denn Ägypten, über das der Transfer laufen muss, lässt nur Kinder mit erwachsener Begleitung ausreisen. „Und, das haben sie auch deutlich gemacht: Wer einmal über die Grenze gelassen wurde, der kann nicht wieder zurückkehren. Das hätte für uns bedeutet, dass wir sehenden Auges nach der Behandlung in Deutschland in einen Asylantrag laufen“, so Peppmüller. Denn seien Erwachsene mit ihrem Kind oder auch den Geschwistern erst mal in Deutschland, „dann gehen vermutlich die meisten nicht wieder freiwillig in diesen verheerenden Krieg zurück“.
Doch selbst wenn es möglich wäre, dass die Kinder alleine ausreisen könnten, sei eine bestehende Rückkehrgarantie unter Umständen nur eine leere Hülle. „Wohin in den Alltag von Krieg und Zerstörung will man denn die Kinder zurückschicken? Niemand weiß, ob die Eltern bei der Rückkehr der behandelten Kinder nach Gaza überhaupt noch leben.“ Der Partner vor Ort bestätige, dass im täglichen Überlebenskampf niemand mehr irgendetwas garantieren oder koordinieren könne.