Seenotretter: Schiff von libyscher Küstenwache beschossen

Seenotretter: Schiff von libyscher Küstenwache beschossen

Frankfurt a.M. (epd). Die Seenotrettungsorganisation Sea-Watch wirft der libyschen Küstenwache den Beschuss ihres Schiffes „Sea-Watch 5“ vor. Aus einem Patrouillenboot der Küstenwache sei in der Nacht zu Freitag mit scharfer Munition auf die „Sea-Watch 5“ geschossen worden, teilte die Organisation mit. Der Angriff habe sich kurz nach der Rettung von 66 Menschen aus Seenot ereignet. Crew und Gerettete seien unverletzt geblieben.

Es ist das zweite Mal innerhalb von rund einem Monat, dass eine Seenotrettungsorganisation der libyschen Küstenwache, die vornehmlich aus Milizionären besteht, einen Angriff vorwirft. Ende August hatte die Organisation SOS Méditerranée den Beschuss ihres Rettungsschiffes „Ocean Viking“ gemeldet. Auch in dem Fall befanden sich Gerettete auf dem Schiff, das durch den Angriff beschädigt wurde. Die Menschen hätten Todesangst erlitten. SOS Méditerranée stellte nach eigenen Angaben Strafanzeige bei der italienischen Staatsanwaltschaft unter anderem wegen versuchten mehrfachen Mordes.

„Die Gewalt libyscher Milizen gegen Menschen auf der Flucht und Rettungsschiffe eskaliert“, erklärte die Einsatzleiterin auf der „Sea-Watch 5“, Eliora Heinzel. „Wir fordern alle europäischen Staaten auf, ihre Unterstützung der libyschen Behörden sofort einzustellen.“ Zudem müssten Italien und die EU den Vorfall aufklären und Konsequenzen ziehen.

Die libysche Küstenwache habe die Besatzung der „Sea-Watch 5“ während der Rettung aufgefordert, nach Norden abzudrehen, teilte die Organisation mit. Die Crew habe die Aufforderung ignoriert, da sie einen Abbruch der Rettung bedeutet hätte. Daraufhin näherte sich den Angaben nach das Patrouillenboot Ubari 660 Corrubia Class dem Rettungsschiff und schoss. Sea-Watch zufolge hat Italien das Boot der libyschen Küstenwache 2018 übergeben.

Italien und die EU arbeiten mit der libyschen Küstenwache bei der Geflüchteten-Abwehr zusammen. Menschenrechtsorganisationen und die UN haben mehrfach Alarm geschlagen wegen der Verbrechen, denen Geflüchtete in Libyen ausgesetzt sind, darunter Folter, Vergewaltigung und Menschenhandel. Letzteres hat sich zu einem lukrativen Geschäft für Milizen entwickelt.