Fulda (epd). Der katholische Sonderbeauftragte für Flüchtlingsfragen, Stefan Heße, hat ein raueres gesellschaftliches Klima gegenüber Geflüchteten beklagt. Zwar müsse man Problemanzeigen etwa aus Kommunen ernst nehmen, was es aber nicht brauche, seien flüchtlingspolitische Unterbietungswettbewerbe, sagte er am Mittwoch während der Herbst-Vollversammlung der katholischen Deutschen Bischofskonferenz in Fulda.
Der Hamburger Erzbischof sagte, als Teil der Weltkirche sei für die Bischöfe in Deutschland klar: „Unsere Solidarität endet nicht an den deutschen Grenzen.“ Bis Donnerstag beraten die katholischen Bischöfe in Fulda. Heße zog in einer Pressekonferenz ein Resümee der kirchlichen Geflüchtetenarbeit seit 2015. Er machte klar, nicht die Verhinderung von Migration sei der Auftrag, sondern die Bewältigung der Ursachen erzwungener Migration stünden im Mittelpunkt.
Auch der Hauptgeschäftsführer des katholischen Hilfswerks Misereor, Andreas Frick, sagte, der Wind gegenüber geflüchteten Menschen habe sich spürbar und massiv gedreht. „Menschen sterben noch immer Tag für Tag auf der Flucht nach Europa“, sagte Frick. Die europäischen Grenzen seien bis heute mit die tödlichsten weltweit. Man sei auch in Deutschland mitschuldig, wenn Migranten jenseits der Grenzen und jenseits der medialen Aufmerksamkeit zurückgezwungen oder in Gefängnisse gebracht würden, sagte er.
Frick beklagte, dass eine Atmosphäre entstanden sei, in der die EU nicht mehr geschlossen für Menschenrechte eintrete. Er kritisierte auch die geplanten Kürzungen für den Entwicklungshilfeetat der Bundesregierung für das Jahr 2026.
Die Bundesregierung will den Etat des Entwicklungsministeriums weiter kürzen. 2026 soll das Ressort 9,94 Milliarden Euro ausgeben dürfen, gut 330 Millionen Euro weniger als dieses Jahr. Das geht aus dem Haushaltsentwurf hervor, der in dieser Woche im Bundestag beraten wird.
Die katholische Kirche in Deutschland hat seit 2015 mehr als eine Milliarde Euro für die Flüchtlingshilfe ausgegeben. Davon seien etwa 60 Prozent im Ausland, 40 Prozent im Inland aufgewendet worden, berichtete Heße. Das starke internationale Engagement korrespondiere mit den realen Gegebenheiten, denn von den mehr als 120 Millionen Geflüchteten auf der Welt finde die überwiegende Mehrheit eben nicht in Europa, sondern in den Ländern des Globalen Südens Zuflucht.
In den Jahren 2015 und 2016 hätten sich mindestens 100.000 Personen in der katholischen Flüchtlingshilfe ehrenamtlich für Geflüchtete engagiert. In den vergangenen Jahren habe sich die Zahl bei etwa 35.000 Ehrenamtlichen eingependelt. Gut eine halbe Million Flüchtlinge habe die katholische Kirche im Jahr 2024 durch ihre Dienste erreicht.
Die Migrationsbeauftragte im Bistum Magdeburg, Monika Schwenke, sprach von zunehmendem Druck auch auf ehrenamtliche Helfer. Sie berichtete über Diskriminierung von Helfern für ihr Engagement für Geflüchtete. Umso wichtiger seien Vernetzungstreffen für die Helfer und der Rückhalt für die Ehrenamtlichen von der Bischofskonferenz.