Empörung über antisemitisches Plakat in Flensburger Laden

Empörung über antisemitisches Plakat in Flensburger Laden
Ein antisemitischer Plakataushang in einem Ladenschaufenster in Flensburg sorgt für Empörung. Die Kieler Landtagspräsidentin Herbst sprach von einem "unerträglichen Aushang", der Antisemitismus-Beauftragte sprach von einer neuen Eskalationsstufe.

Flensburg (epd). Der Aushang eines judenfeindlichen Plakats durch einen Einzelhändler in Flensburg hat Empörung ausgelöst. Schleswig-Holsteins Landtagspräsidentin Kristina Herbst (CDU) sagte, es sei unerträglich, einen solchen Aushang im öffentlichen Raum wahrnehmen zu müssen. Der Antisemitismusbeauftragte des Landes Schleswig-Holstein, Gerhard Ulrich, sprach von einer neuen Eskalationsstufe in der Gesellschaft. In Israel kündigte der dortige Oppositionsführer Jair Lapid juristische Maßnahmen gegen den Flensburger Geschäftsinhaber an.

Am Donnerstag war bekannt geworden, dass ein Einzelhändler in Flensburg ein antisemitisches Plakat mit der Aufschrift „Juden haben hier Hausverbot!“ in sein Schaufenster gehängt hatte. Im Zuge eines Polizeieinsatzes war das Plakat bereits am Mittwochabend entfernt worden. Mehrere Menschen, darunter auch der Ex-Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU), erstatteten Strafanzeige gegen den Mann. Die Staatsanwaltschaft Flensburg leitete ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf Volksverhetzung ein.

„Jüdisches Leben ist ein untrennbarer Teil der Kultur und Geschichte in Deutschland“, sagte die Kieler Landtagspräsidentin. „Wer sich mit antisemitischer Hetze gegen das jüdische Leben in Deutschland stellt, stellt sich gegen unsere Gesellschaft und gegen alles, was unser demokratisches Gemeinwesen ausmacht“.

Ulrich sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd): „Dieses Schild in diesem Laden ist ein widerliches, entsetzliches Zeichen für das, was in unserer Gesellschaft gerade los ist.“ Die Zivilgesellschaft müsse endlich aufstehen und sich empören gegen den Judenhass, der sich in Deutschland Bahn breche.

Ulrich sagte, die antisemitischen Vorfälle in Schleswig-Holstein hätten sich mit 588 Fällen im vergangenen Jahr im Vergleich zu 2023 nahezu verfünffacht. Die Politik tue alles, um Antisemitismus vehement zu begegnen. „Doch die Gesellschaft schweigt, dabei entwickelt sie sich weg von der Demokratie. Was sollen wir denn noch machen und sagen, damit die Menschen endlich gegen Antisemitismus demonstrieren?“, fragte der evangelische Altbischof. Er sieht auch die Kirche in der Pflicht, auf der Straße, auf der Kanzel und in Gesprächen mit Menschen deutlich ihre Stimme zu erheben.

Der israelische Oppositionsführer Jair Lapid äußerte sich am Freitag auf X, ehemals Twitter. Dort schrieb er in Bezug auf den Flensburger Einzelhändler, er werde „diesen Mann auf jeden einzelnen Cent verklagen“. Lapid schrieb, er werde den Händler im „Namen von Tomislav Lempl, einem jüdischen Kind im Ghetto“, verklagen. Damit ist Lapids Vater gemeint. Der 1931 im damals jugoslawischen Novi Sad geborene Tomislav Lempl war von den Nationalsozialisten ins Budapester Ghetto deportiert worden. Der Holocaust-Überlebende nahm nach seiner Übersiedlung nach Israel und Heirat den Namen Joseph Lapid an. Er arbeitete als Journalist, gehörte später dem israelischen Parlament an und war zwischenzeitlich Justizminister. Joseph Lapid starb 2008.