Berlin (epd). Nach der Ausladung von einem Musikfestival in Belgien haben die Berliner Festspiele die Münchner Philharmoniker mit ihrem israelischen Dirigenten Lahav Shani kurzfristig zu einem Konzert eingeladen. Das Orchester werde beim Musikfest Berlin am Montagabend im Konzerthaus auftreten, teilten die Berliner Festspiele am Freitag mit. Der belgische Premierminister Bart De Wever kritisierte unterdessen die Ausladung des Orchesters durch das Flanders Festival in Gent scharf.
„Jemanden allein aufgrund seiner Herkunft mit einem Berufsverbot zu belegen, ist rücksichtslos und unverantwortlich“ erklärte De Wever am Freitag auf der Plattform X. Ebenso beunruhigend sei „die beispiellose Forderung an Künstler, ihre politischen Ansichten schriftlich darzulegen. Dies widerspricht dem Wesen der künstlerischen Freiheit.“ Die Entscheidung habe dem Ruf des Landes schweren Schaden zugefügt.
Der deutsche Außenminister Johannes Wadephul (CDU) dankte dem belgischen Premier für dessen deutliche Distanzierung. Die Ausladung der Münchner Philharmoniker mit Dirigent Lahav Shani sei „inakzeptabel“, schrieb Wadephul am Freitag auf X. Für Kritik an der israelischen Regierung dürften niemals hier lebende Jüdinnen und Juden instrumentalisiert werden.
Das Flanders Festival hatte das Münchner Orchester am Mittwoch ausgeladen und dies damit begründet, dass sich der Dirigent nicht explizit von der israelischen Regierung distanziere und auch Musikdirektor des Israel Philharmonic Orchestra sei. Die Festivalleitung begründete ihre Entscheidung mit politischem Druck und Protestaufrufen. Der 36-jährige Shani soll 2026 als Chefdirigent der Münchner Philharmoniker die Nachfolge von Valery Gergiev antreten. Die Absage aus Gent stieß auf heftige Kritik.
Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) will die Ausladung zum Thema mit seinem belgischen Amtskollegen Bernard Qintin machen. In einem Interview mit der „Welt“ nannte Dobrindt den Vorfall am Freitag „sehr, sehr, sehr verstörend“.
Kulturstaatsminister Wolfram Weimer (parteilos) nannte die Ausladung eine „Schande für Europa“ und „blanken Antisemitismus“. Am Freitag sprach Weimer von einer klaren Botschaft, die von der Einladung nach Berlin ausgehe. „Wir stellen uns entschieden gegen Antisemitismus und stehen gemeinsam für Respekt, Menschlichkeit und ein friedliches Miteinander ein“, erklärte er.
Die Präsidentin der Kulturministerkonferenz der Bundesländer, Barbara Klepsch (CDU), äußerte ebenfalls scharfe Kritik an der belgischen Absage. Das Vorgehen des Flanders Festival sei „ein Tabubruch“, erklärte die sächsische Kulturministerin am Freitag in Dresden. Einen Künstler nicht nach seiner Kunst, sondern nach seiner Staatsangehörigkeit und einer geforderten Gesinnungsprüfung zu beurteilen, sei inakzeptabel.
In Berlin stehen am Montag Stücke von Ludwig van Beethoven und Richard Wagner auf dem Programm. Die Einladung zu dem Gastspiel ist eine gemeinsame Initiative der Berliner Festspiele und der Stiftung Berliner Philharmoniker in Zusammenarbeit mit dem Konzerthaus Berlin.