Ministerin schließt Leistungseinschnitte bei Krankenkassen nicht aus

Ministerin schließt Leistungseinschnitte bei Krankenkassen nicht aus
Angesichts einer Milliardenlücke in der Krankenversicherung schließt Bundesgesundheitsministerin Nina Warken Einschnitte nicht aus. Eine Expertenkommission soll langfristige Lösungen erarbeiten - während die Kassen mit einer Klage Druck machen.

Berlin (epd). Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) schließt zur kurzfristigen Stabilisierung der problematischen Finanzlage der Krankenkassen auch Leistungseinschnitte nicht aus. „Eine Lösung ist, mehr Mittel aus dem Haushalt zu bekommen“, sagte sie am Freitag in Berlin bei der Vorstellung einer Kommission zur Beitragsstabilisierung von Krankenkassen. „Wenn uns das nicht gelingt, dann muss auch über andere Maßnahmen nachgedacht werden, die einen Spareffekt haben. Ja, vielleicht auch ein Mix aus beidem.“ Man sei dazu in Gesprächen mit dem Koalitionspartner.

Konkrete Maßnahmen wollte die CDU-Politikerin mit Verweis auf die laufenden Verhandlungen nicht nennen. Es sei besser, ein Paket zu schnüren und dieses dann vorzustellen, statt einzelne Maßnahmen vorab zu zerreden. Ziel sei es, „unaufgeregt“ einen Vorschlag vorzulegen, um die Beitragsstabilität im nächsten Jahr zu halten.

In der gesetzlichen Krankenkasse herrscht eine Finanzierungslücke. Das Defizit beträgt dem Bundesgesundheitsministerium zufolge für das kommende Jahr vier Milliarden Euro. Warken zufolge wird die Finanzlücke ab dem Jahr 2027 bereits im zweistelligen Milliardenbereich liegen.

Für eine langfristige und grundlegende Reform hat Warken eine Expertenkommission einberufen. Das unabhängige Gremium, dessen konstituierende Sitzung für den 25. September angesetzt ist, soll Maßnahmen für eine dauerhafte Stabilisierung der Beitragssätze in der gesetzlichen Krankenversicherung erarbeiten. Die Kommission ist paritätisch mit zehn Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus den Bereichen Ökonomie, Medizin, Sozialrecht, Ethik und Prävention besetzt. Erste Vorschläge sollen bis Ende März 2026 vorliegen.

Der Vorstandsvorsitzende der Techniker Krankenkasse, Jens Baas, sieht zwei Möglichkeiten für die Regierung: Entweder müsse sie ein Sofortprogramm einleiten, um die Ausgaben schnell zu dämpfen, oder die Versicherung von Bürgergeldempfängern ausreichend finanzieren. „Diese Staatsaufgabe bezahlen seit Jahren die Beitragszahler der Krankenkassen“, kritisierte Baas.

Am Donnerstag war bekannt geworden, dass die gesetzlichen Krankenkassen gegen die Zuweisungsbescheide des Bundesamts für Soziale Sicherung klagen wollen. Sie werfen dem Bund vor, sie bei der Versorgung von Bürgergeldbeziehenden jährlich um rund zehn Milliarden Euro zu kurz zu halten, und fordern eine vollständige staatliche Finanzierung.

Die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Carola Reimann, unterstützt die Klage ausdrücklich. „Seit Jahrzehnten beklagen die Krankenkassen die chronische Unterfinanzierung der Gesundheitsversorgung von gesetzlich versicherten Bürgergeldbeziehern“, sagte sie. Inzwischen seien mehr als 100 Milliarden Euro von Beitragszahlenden aufgebracht worden, die eigentlich aus dem Steuertopf hätten kommen müssen.

Das grundsätzliche Problem sei bekannt und es müsse eine Lösung gefunden werden, sagte die Ministerin dazu. Wegen der aktuellen Haushaltslage könne jedoch nicht schnell Abhilfe geschafft werden. Der Inhalt der Klage sei ihr nicht bekannt, deshalb könne und wolle sie sich nicht dazu äußern, sagte die CDU-Ministerin weiter. Zudem liege die Zuständigkeit beim Sozialministerium, dem das Bundesamt unterstellt sei.