Luxemburg (epd). Damit Eltern ihre Arbeit und die Betreuung ihrer behinderten Kinder unter einen Hut bringen können, müssen Unternehmen angemessene Vorkehrungen treffen. Um eine unzulässige mittelbare Diskriminierung wegen einer Behinderung zu vermeiden, muss der Arbeitgeber die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen der Eltern so anpassen, dass die Betreuung des Kindes gewährleistet ist, urteilte am Donnerstag der Europäische Gerichtshof (EuGH). (AZ: C-38/24) Anderes gelte nur, wenn der Arbeitgeber mit den gewünschten Erleichterungen am Arbeitsplatz unverhältnismäßig belastet wird.
Im konkreten Fall ging es um eine Bahnhofsmitarbeiterin, die in Italien als Stationsaufsicht tätig ist. Weil sie einen schwerbehinderten, vollinvaliden Sohn hat, bat sie ihren Arbeitgeber mehrfach, sie an einem Arbeitsplatz mit festen Arbeitszeiten einzusetzen. Dem kam der Arbeitgeber zwar vorläufig nach, wollte das aber nicht auf Dauer gewähren.
Die Frau klagte und wandte ein, dass die Weigerung ihres Arbeitgebers, ihr dauerhaft feste Arbeitszeiten zuzuweisen, eine mittelbare Diskriminierung wegen einer Behinderung darstellt. Der italienische Kassationsgerichtshof legte das Verfahren daraufhin dem EuGH vor.
Der EuGH stellte nun klar, dass das Verbot der mittelbaren Diskriminierung wegen einer Behinderung nach der Rahmenrichtlinie zur Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf „auch für einen Arbeitnehmer gilt, der wegen Unterstützung seines behinderten Kindes diskriminiert wird“.
Ein Arbeitgeber sei verpflichtet, „angemessene Vorkehrungen“ zu treffen, damit ein Arbeitnehmer Zeit hat, seinem behinderten Kind die erforderliche Unterstützung zu geben. Allerdings dürfe der Arbeitgeber mit den gewünschten angepassten Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen nicht unverhältnismäßig belastet werden. Das muss nun das zuständige italienische Gericht prüfen.
In Deutschland haben Arbeitnehmer pflegebedürftiger Kinder im Rahmen der sogenannten Familienpflegezeit die Möglichkeit, sich für bis zu 24 Monate von der Arbeit mit einer Mindestarbeitszeit von 15 Wochenstunden teilweise freistellen zu lassen. Die damit einhergehenden Einkommensverluste können beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben mit einem zinslosen Darlehen ausgeglichen werden.