Migrationsexperte: Sinkende Asylanträge Ergebnis von Verlagerungen

Migrationsexperte: Sinkende Asylanträge Ergebnis von Verlagerungen
10.09.2025
epd
epd-Gespräch: Marlene Brey

Brüssel, Hildesheim (epd). Die sinkende Zahl von Asylanträgen in Deutschland ist nach Einschätzung des Migrationsforschers Hannes Schammann kein Erfolg der nationalen Politik, sondern vor allem eine Folge anderer Flüchtlingsrouten. „Für Deutschland ist vor allem relevant, dass derzeit weniger Menschen aus Syrien fliehen. Gleichzeitig steigen in der EU Anträge aus anderen Ländern, etwa Venezuela - diese Menschen wollen aber häufig nach Spanien“, erklärte der Wissenschaftler von der Universität Hildesheim im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Maßnahmen wie Grenzkontrollen oder bilaterale Abkommen könnten kurzfristig Zahlen drücken, führen nach Schammanns Worten aber nicht dazu, dass die globalen Flüchtlingszahlen sinken. „Die Bewegungen werden lediglich geografisch - von Deutschland nach Spanien - oder zeitlich verschoben“, erläuterte er.

Da das geplante Gemeinsame Europäische Asylsystem (GEAS) noch nicht vollständig umgesetzt sei, ließen sich Effekte noch nicht abschätzen. Auch Migrationsabkommen, etwa mit Tunesien, seien in ihrer Wirkung schwer kalkulierbar. „Es wäre falsch, die aktuellen Zahlen allein darauf zurückzuführen“, sagte Schammann.

Als problematisch bezeichnete der Forscher, dass Einschränkungen beim Zugang zu Asyl den Schutz in Europa insgesamt verringerten. „Es gibt keine funktionierende liberale Demokratie ohne Asylrecht“, betonte Schammann. Der Versuch, mit migrationspolitischen Maßnahmen rechtspopulistische Parteien wie die AfD einzudämmen, sei gescheitert: „Deren Umfragewerte sind völlig entkoppelt vom tatsächlichen Migrationsgeschehen.“