Düsseldorf (epd). Im Prozess zum mutmaßlich islamistisch motivierten Messerangriff von Solingen hat sich die Verteidigung weitgehend der Forderung der Bundesanwaltschaft angeschlossen. Verteidiger Daniel Sprafke forderte aber am Dienstag in seinem Plädoyer das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf auf, bei der erwarteten lebenslangen Haftstrafe eine mögliche Sicherungsverwahrung für den Angeklagten Issa al H. gründlich zu prüfen. Ansonsten habe er den Forderungen der Anklage nichts hinzuzufügen, sagte er.
Die Bundesanwaltschaft hatte vor einer Woche eine lebenslange Freiheitsstrafe mit anschließender Sicherungsverwahrung und der Feststellung der besonderen Schwere der Schuld des Angeklagten gefordert. Eine frühzeitige Entlassung des 27-jährigen Issa al H. nach einer möglichen Verurteilung zu einer lebenslangen Haftstrafe wäre dann nicht mehr möglich. Der 5. Senat des OLG will sein Urteil am Mittwoch verkünden. (AZ: III-5 St 2/25)
Verteidiger Sprafke erklärte, aus seiner Sicht sei eine zufriedenstellende Aufklärung mit den aktuell zur Verfügung stehenden Mitteln nicht gelungen. Es fehle weiter an Klarheit über ein verständliches und nachvollziehbares Motiv, sagte der Jurist in seinem Plädoyer. Auch er selbst hätte sich Klarheit über die Gründe erhofft, warum sein Mandant „dem Hass und dem Bösen“ gehuldigt habe. Zudem habe er Dinge gesagt, die „schwer erträglich“ seien. Der Jurist dankte den Überlebenden und Angehörigen der Opfer, die im Prozess als Nebenkläger aufgetreten waren. Sie hätten vor Gericht ohne Hass gesprochen.
Der Angeklagte hatte die Tat bereits zum Prozessauftakt im Mai gestanden. Er ist nach einem Gutachten voll schuldfähig. Der Gutachter bescheinigte dem Angeklagten einen niedrigen Intelligenzquotienten von 71, das mindere aber nicht die Schuldfähigkeit. Verteidiger Sprafke verwies auch darauf, dass sein Mandant in einer grundlegend anderen Gesellschaft und einem fragilen Umfeld in Syrien aufgewachsen sei, wo die Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) entstand. Zudem habe er es nicht geschafft, sich in die deutsche Gesellschaft einzufügen und anzupassen. Solche Komponenten sollten bei der Entscheidung über die eventuelle Sicherungsverwahrung berücksichtigt werden, betonte der Jurist.
Der als Asylbewerber nach Deutschland gekommene 27-Jährige tötete laut Anklage beim „Festival der Vielfalt“ zum 650-jährigen Bestehen der Stadt Solingen am 23. August 2024 eine 56-jährige Frau und zwei Männer im Alter von 56 und 67 Jahren. Acht Menschen wurden durch Messerstiche verletzt. Die Anklage lautet unter anderem auf dreifachen Mord, zehnfachen versuchten Mord und Mitgliedschaft in der Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS).
Die Bundesanwaltschaft fordert eine Verurteilung unter anderem wegen dreifachen Mordes, zehnfachen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und der Mitgliedschaft in der Terrororganisation IS. Al H. habe aus niedrigen Beweggründen und in Heimtücke auf die feiernden Menschen eingestochen, weil er als Anhänger des IS in ihnen „Repräsentanten der westlichen Gesellschaft“ gesehen habe.