Dusel: Diese Schande wird deutsche Medizin nicht mehr los

Dusel: Diese Schande wird deutsche Medizin nicht mehr los

Berlin (epd). Mit einer Gedenkveranstaltung ist am Freitag in Berlin an Hunderttausende Kranken-Morde der Nationalsozialisten erinnert worden. Am Gedenk- und Informationsort für die Opfer der sogenannten „Euthanasie“-Morde neben der Berliner Philharmonie sagte der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, Jürgen Dusel, Ärzte und Pflegekräfte hätten damals tausendfach den hippokratischen Eid gebrochen.

Statt die ihnen anvertrauten Menschen zu heilen, hätten sie diese aus einem „rassistischen, eugenischen Ungeist“ heraus getötet. Die allermeisten seien dafür nie belangt worden und hätten nach dem Krieg ihre Tätigkeiten bruchlos fortsetzen können. „Diese Schande wird die deutsche Medizin nicht mehr los“, sagte Dusel.

Die Opfer waren Menschen mit Behinderungen und psychischen Erkrankungen. Auf Anweisung der Nazis wurden sie in Heil- und Pflegeanstalten von Ärztinnen, Ärzten und Pflegekräften vergast und vergiftet oder man ließ sie verhungern. Ein entsprechender Führererlass ist auf den 1. September 1939 datiert.

Dusel nannte es „beschämend“, dass Überlebende bis heute nicht als NS-Verfolgte anerkannt werden. Auch die Aufarbeitung verlaufe nur „schleppend“ und „der Ungeist“ wabere teilweise bis heute fort.

Die beschönigend als „Euthanasie“ (griechisch: „guter Tod“) bezeichneten Krankenmorde liefen unter dem Namen „Aktion T4“, benannt nach der Adresse der damaligen „Zentraldienststelle T4“ an der Tiergartenstraße 4, wo sich heute der Gedenk- und Informationsort befindet. Europaweit wird von 300.000 Kranken-Tötungen ausgegangen. Hinzu kamen unzählige Zwangssterilisierungen.