Genf (epd). Nach dem schweren Erdbeben im Osten Afghanistans steigt die Zahl der erfassten Opfer nach Angaben der nationalen Rothalbmondgesellschaft weiter an. Demnach sind 1.124 Menschen gestorben und 3.251 erlitten Verletzungen. Nach Einschätzung der Vereinten Nationen könnten Hunderttausende Menschen von dem verheerenden Beben im östlichen Afghanistan direkt betroffen sein. Der humanitäre Koordinator der UN in Afghanistan, Indrika Ratwatte, erklärte am Dienstag in Genf, dabei handele es sich um Tote, Verletzte, Familienangehörige und Menschen, die ihre Häuser, ihr Vieh und anderen Besitz verloren hätten.
Laut UN-Koordinator Ratwatte ist das betroffene Gebiet gebirgig und sehr unzugänglich. Wege seien verschüttet und Helfer hätten große Mühe, die abgeschnittenen Menschen zu erreichen. Die Bevölkerung brauche Essen, Medizin, Unterbringungen und andere humanitäre Hilfe.
Die Europäische Union (EU) stellt eine Million Euro Soforthilfe sowie rund 130 Tonnen Hilfsgüter bereit. Dazu zählen Zelte, Kleidung, medizinische Versorgung und Mittel zur Wasseraufbereitung. Die Lieferung soll über zwei humanitäre Flüge nach Kabul erfolgen, wie die Kommission am Dienstag in Brüssel mitteilte.
Zudem aktiviert die EU ihren Satellitendienst „Copernicus“, um Notfallkarten für die Koordination der Hilfe zu erstellen. Die Unterstützung ergänzt die bereits für 2025 vorgesehenen 161 Millionen Euro humanitärer Mittel für Afghanistan.
Die Welthungerhilfe erklärte, gemeinsam mit Partnerorganisationen werde die Verteilung von winterfesten Zelten und anderen benötigten Hilfsgütern vorbereitet. Dafür würden 100.000 Euro aus einem Nothilfefonds bereitgestellt. Die Welthungerhilfe rechnet mit langfristig dramatischen Folgen des jüngsten Erdbebens. Das Ausmaß von Tod und Zerstörung werde sich erst in Tagen abzeichnen, hatte Asien-Regionaldirektorin Elke Gottschalk bereits am Montag im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) gesagt. Doch es sei eine ähnliche Dimension wie bei den vorherigen Beben in der Region zu befürchten: 2022 wurden mehr als 1.000, ein Jahr später mehr als 1.500 Tote gemeldet.
Erdstöße in der Nacht zum Montag hätten eine Gegend erschüttert, die ohnehin von Mangel und Not geprägt sei, sagte Gottschalk. Seit der Machtübernahme der radikalislamischen Taliban vor vier Jahren habe sich die wirtschaftliche Lage permanent verschlechtert.
Deutsche Organisationen haben mit der Ermittlung des Hilfebedarfs begonnen. So stellte Caritas International bislang 80.000 Euro zur Verfügung. Die Kinderhilfsorganisation Save the Children entsandte zusätzliche medizinische Hilfe in die betroffenen Regionen.
Der UN-Koordinator Ratwatte betonte, dass die humanitäre Lage in Afghanistan bereits vor dem Erdbeben sehr angespannt gewesen sei. Rund 1,7 Millionen afghanische Flüchtlinge seien jüngst oft zwangsweise in das bitterarme Land zurückgekehrt. Eine Trockenheit beeinträchtige die Landwirtschaft. Zudem hätten Geberländer enorme Summen für die humanitäre Hilfe gestrichen.