45 Afghanen nach erfolgreicher Klage in Hannover gelandet

45 Afghanen nach erfolgreicher Klage in Hannover gelandet
In 45 Fällen hat die Bundesregierung Deutschlands Aufnahmezusage für gefährdete Afghanen eingelöst. Sie konnten am Montag einreisen. Das politische und juristische Ringen um die mehr als 2.000 weiteren Wartenden geht indes weiter.

Berlin (epd). Nach einem vorläufigen Stopp und juristischem Ringen hat Deutschland am Montag wieder von Verfolgung bedrohte Afghaninnen und Afghanen einreisen lassen. Wie eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums bestätigte, kamen 45 Menschen am frühen Nachmittag in Hannover an. Es handele sich ausschließlich um Personen, die über Gerichtsverfahren die Vergabe von Visa erwirkt hatten, erklärte die Sprecherin des Ministeriums.

Den Angaben zufolge waren unter den Aufgenommenen keine Ortskräfte der deutschen Streitkräfte oder anderer Institutionen, die während des internationalen Militäreinsatzes in Afghanistan tätig waren. Deutschland hatte nach der erneuten Machtübernahme der radikalislamischen Taliban im Jahr 2021 diesen früheren Mitarbeitern sowie Menschen, die sich mit ihrer Tätigkeit für Demokratie, Rechtsstaat und Menschenrechte eingesetzt haben, die Aufnahme in Deutschland zugesagt.

Die Koalition von Union und SPD hatte allerdings vereinbart, freiwillige Aufnahmeprogramme „soweit wie möglich“ zu beenden und stoppte zunächst auch die Aufnahmen von Afghanen. Rund 2.300 Menschen befinden sich noch in der Region, die unter der vorherigen Bundesregierung Aufnahmezusagen aus Deutschland erhalten haben, weil sie unter dem Regime der Taliban Verfolgung fürchten müssen.

In mehreren Fällen klagten Menschen mit Aufnahmezusage aus Deutschland inzwischen erfolgreich gegen die Bundesregierung und erwirkten damit ihre Einreise. Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) lässt zudem in jedem Einzelfall prüfen, ob die Aufnahmezusage rechtsverbindlich ist. Nur dann und wenn eine Sicherheitsüberprüfung absolviert wurde, sollen laut Innenministerium Visa vergeben werden. Wie die Sprecherin erklärte, sind auch vor den am Montag erfolgten Einreisen Aufnahmeverfahren und Sicherheitsüberprüfungen „vollständig durchlaufen“ worden.

Die Lage der in Pakistan auf Aufnahme wartenden Menschen hatte sich zuletzt zugespitzt, weil das Land Afghaninnen und Afghanen wieder in ihr Herkunftsland abschiebt. Mehr als 200 Menschen mit Aufnahmezusage aus Deutschland sind kürzlich aus Pakistan abgeschoben worden. Das Auswärtige Amt hatte jüngst mitgeteilt, dass die pakistanischen Behörden in Aussicht gestellt hätten, ihnen wieder Visa auszustellen und bis Jahresende keine weiteren Inhaftnahmen und Abschiebungen von Menschen aus Afghanistan vorzunehmen.

Unterdessen stützte ein Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg Dobrindts Vorgehen. Der einstweilige Stopp der Aufnahmen im Rahmen von zwei der Afghanistan-Programme - die sogenannte Überbrückungsliste und das Ortskräfteverfahren - erweise sich als „ermessensfehlerfrei“, heißt es in einer Mitteilung des Gerichts von Montag. Die erklärte Aufnahmebereitschaft stelle keinen Verwaltungsakt dar, auf den sich der Antragsteller stützen könne. Zudem sei nicht zu beanstanden, wenn das im Dezember 2022 für gegeben erachtete politische Interesse an der Aufnahme nochmals überprüft werde, argumentierte das Gericht. Im konkreten Fall ging es nach Angaben des Gerichts um einen ehemals hochrangigen Richter in Afghanistan und dessen Familie.

Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Schahina Gambir kritisierte vor dem Hintergrund der Lage der Menschen in Pakistan, dass die Betroffenen „ihr Recht einklagen mussten“. „Es ist ein Skandal, dass diese Bundesregierung sehenden Auges Menschen weiterhin in Lebensgefahr lässt, deren Schutzbedürftigkeit bereits festgestellt wurde“, sagte sie und forderte: „Alle müssen schnellstens ausgeflogen werden.“

Kritik an Dobrindt kam auch aus den eigenen Reihen. Die Integrationsbeauftragte der Regierung, Natalie Pawlik (SPD), erklärte: „Es ist kein Zustand, wenn Flüge erst nach Gerichtsurteilen wieder aufgenommen werden.“ Deutschland müsse zu seinen Zusagen stehen, Ortskräfte und besonders schutzbedürftige Menschen aus Afghanistan aufzunehmen.