Migrationspolitik: Forscherin beklagt "Abschreckung und Restriktion"

Migrationspolitik: Forscherin beklagt "Abschreckung und Restriktion"
25.08.2025
epd
epd-Gespräch: Christina Neuhaus

Berlin (epd). Zehn Jahre nach dem Eintreffen einer großen Zahl von Flüchtlingen in Deutschland entwickelt sich die Migrationspolitik nach Auffassung der Soziologin Yuliya Kosyakova in eine problematische Richtung. Die Politik habe „leider nicht genug“ aus 2015 und der Folgezeit gelernt, sagte die Wissenschaftlerin vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Derzeit werde ein Kurs verfolgt, bei dem „alle Hürden wieder aufgebaut oder erhöht werden, von denen wir wissen, dass sie die Arbeitsmarktintegration behindern“.

Kosyakova leitet den Forschungsbereich Migration, Integration und internationale Arbeitsmarktforschung am Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB). Am Montag will das IAB eine neue Analyse zur Arbeitsmarktintegration der Neuankömmlinge von 2015 veröffentlichen.

„Unsere Forschung sagt klar, dass all diese Dinge den Weg in den Arbeitsmarkt erschweren: lange Asylverfahren, der lange Aufenthalt in Gemeinschaftsunterkünften, Sachleistungen und Bezahlkarten, Wohnsitzauflagen“, sagte Kosyakova dem epd. „Auch die Aussetzung des Familiennachzugs gehört dazu“, denn die dauerhafte Trennung von Angehörigen verursache oft psychische Probleme und eine geringere Motivation. „Trotzdem setzen viele politische Entscheidungen wieder auf Abschreckung und Restriktion - statt auf das, was nachweislich wirkt“, beklagte die Forscherin.

Zentral für die Arbeitsaufnahme von Geflüchteten sei die Sprachförderung, sagte Kosyakova. Das gelte sowohl für allgemeine als auch für berufsbezogene Sprachkurse. Auch eine gute Berufsberatung und gezielte Qualifizierungsangebote seien nachweislich wirksam. „Wichtig sind aber auch andere Faktoren, zum Beispiel die physische und psychische Gesundheit“, fügte die Soziologin und Wirtschaftswissenschaftlerin hinzu. „Deshalb ist es so problematisch, wenn während des Asylverfahrens der Zugang zur Gesundheitsversorgung eingeschränkt ist.“ Auch die schiere Dauer der Asylverfahren sei ein Problem, weil die Menschen dann eine lange Phase der Unsicherheit erlebten.

Die „wahrgenommene Willkommenskultur“ mache ebenfalls einen Unterschied, sagte Kosyakova. „Unsere Forschung zeigt, dass Menschen, die sich willkommen fühlen, schneller Arbeit finden.“ In der gerade veröffentlichten Untersuchung betrachteten Kosyakova und ihr Team das Vorkommen rechtsextremer Demonstrationen auf Kreisebene als Indikator für fremdenfeindliche Einstellungen in der Region. „Das Ergebnis: Je stärker diese Ausprägung, desto schlechter gelingt die Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten“, sagte die Forscherin. „Der Zusammenhang ist statistisch eindeutig.“