Solingen (epd). Als Abschluss der Gedenkveranstaltungen zum ersten Jahrestag des Messerangriffs in Solingen ist am Sonntag in einem Gottesdienst an die Tat und ihre Folgen erinnert worden. Er wünsche sich oft, „Gott möge solche schrecklichen Taten einfach nicht zulassen“, sagte Pfarrer Joachim Römelt, der nach dem Anschlag als Notfallseelsorger vor Ort war, in seiner Predigt in der evangelischen Stadtkirche. „Wir sehen jeden Tag unsägliches Leid, das Gott nicht verhindert.“
Eine Antwort auf das Warum habe er nicht, aber er glaube, dass Gott da sei, die Not teile und sich von Leid und Unrecht berühren lasse. Zu Schmerz, Not, Trauer und Zorn sage Gott: „All das schreit zu mir von der Erde. Und auch wenn es sich oft anders anfühlt: Mit all dem seid ihr nicht allein.“ Bei einem mutmaßlich islamistisch motivierten Anschlag hatte ein syrischer Asylbewerber vor einem Jahr bei einem Solinger Stadtfest drei Menschen mit einem Messer getötet und acht Besucher durch Stiche verletzt.
Römelt betonte, wie wichtig Anteilnahme und Mitgefühl seien, die viele Menschen nach dem Anschlag gezeigt hätten. Sie stünden für Menschlichkeit und ein friedliches Zusammenleben. Die Gesellschaft kranke daran, dass es schwieriger geworden sei, miteinander ins Gespräch zu kommen und verständnisvoll und sachlich statt hasserfüllt miteinander zu reden. Auf allen Ebenen der Gesellschaft müsse das respektvolle Gespräch neu gelernt werden, statt einander polemisch anzugreifen. „Schlagworte, Etiketten, Schubladen, markige Sprüche gibt es gerade viel zu viel“, sagte Römelt. „Lasst uns daran arbeiten, dass das anders wird. Und immer wieder etwas dafür tun, dass Hass und Terror niemals ihr Ziel erreichen.“
Er sei zornig darüber, wie wenig es brauche, Menschen tief zu verängstigen und Unsicherheit in eine ganze Stadt zu bringen, erklärte der Theologe und verwies auf das dritte der zehn Gebote, „Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht missbrauchen!“ Er könne sich „keinen schlimmeren Missbrauch vorstellen, als Menschen im Namen Gottes zu töten oder schwer zu verletzen“. Dem Attentäter und „allen, die ihm das eingeflüstert haben“ oder es irgendwo auf der Welt genauso machten, würde er am liebsten ins Ohr schreien, dass sie mit ihrer Gewalt Gott lästern und nicht dienen, sagte Römelt. Wenn das dritte Gebot ernst genommen würde, „würde es so viel Schrecken in dieser Welt nicht geben“.