Genf (epd). Nach mehr als zehn Tagen zäher Gespräche sind die Verhandlungen über ein UN-Abkommen gegen die ausufernde Verschmutzung der Welt mit Plastikmüll vorerst gescheitert. Die Delegationen aus mehr als 180 Ländern gingen am Freitagmorgen in Genf ohne Einigung auseinander. Laut dem Vorsitzenden der UN-Verhandlungen, Luis Vayas Valdivieso, soll es eine weitere Verhandlungsrunde geben. Datum und Ort nannte er jedoch nicht.
Der deutsche Umweltstaatssekretär Jochen Flasbarth reagierte enttäuscht auf das Scheitern. Die Staatenvertreter hätten das gemeinsame Verständnis, „dass wir ein globales Problem auch auf dieser Ebene lösen müssen“, erklärte Flasbarth. Dafür werde mehr Zeit gebraucht. „Und vor allem muss der Verhandlungsprozess besser organisiert werden als dies in Busan und in Genf der Fall war.“
Die Verhandlungen über das Plastik-Abkommen hatten bereits im Jahr 2022 begonnen. Die nun gescheiterten Gespräche in Genf knüpften an die ebenfalls ergebnislos zu Ende gegangene fünfte Verhandlungsrunde im südkoreanischen Busan an.
Ursprünglich sollte die Zusammenkunft in Genf am Donnerstag mit der Verabschiedung eines Abkommens enden. Am Freitagmorgen jedoch erklärte EU-Umweltkommissarin Jessika Roswall, dass sich die Delegationen nicht auf einen Vertrag geeinigt hätten. „Wir haben es nicht geschafft“, sagte sie.
Deutschland und mehr als 100 andere Staaten aus Europa und dem globalen Süden hatten sich bei den Verhandlungen für ein weitreichendes Abkommen eingesetzt. Diese ehrgeizigen Länder hatten auf eine verbindliche Reduzierung der Plastikproduktion und eine Förderung der Kreislaufwirtschaft gepocht, um so die Verschmutzung der Umwelt und die gesundheitliche Gefährdung der Menschen einzudämmen.
Öl-produzierende Staaten wie Saudi-Arabien, Russland und Iran wehrten sich bis zuletzt erfolgreich gegen Begrenzungen bei der Plastikproduktion. Die USA standen an der Seite der Bremser. Umweltexperten und Naturschützer reagierten bestürzt auf das Scheitern. „Die überwiegende Mehrheit der Regierungen will ein starkes Abkommen. Doch es wurde einer Handvoll Akteure mit schlechten Absichten erlaubt, diese Ambitionen zu torpedieren“, erklärte Joëlle Hérin von Greenpeace.
Henning Wilts, Abteilungsleiter Kreislaufwirtschaft des Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie, sagte laut dem „Science Media Center“, das Scheitern der Verhandlungen sei eine „ökologische Katastrophe, da es ohne einen geeigneten globalen Rahmen nicht dazu kommen wird, Investitionen in Richtung einer nachhaltigeren Nutzung von Plastik zu lenken“. Stattdessen werde die Menschheit einen Anstieg der Produktionsmengen und Abfallmengen sehen, mit denen auch ein verbessertes Recycling nicht Schritt halten könne.
Die weltweite Kunststoffproduktion lag laut der Online-Plattform Statista im Jahr 2022 bei rund 400 Millionen Tonnen. Im Jahr 1950 waren es 1,5 Millionen Tonnen. In Deutschland wurden 2022 insgesamt 14 Millionen Tonnen Plastik produziert, der Pro-Kopf-Verbrauch von Plastikverpackungen lag bei knapp 40 Kilo.