Stuttgart (epd). Der Bischof der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, Ernst-Wilhelm Gohl, hat sich in der Debatte um den Abtreibungsparagrafen 218 für den Erhalt der bestehenden Regelung ausgesprochen. Im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) bezeichnete er diese als einen angemessenen Kompromiss, der einen „hohen Grad an Rechtsfrieden“ geschaffen habe. Dieser Kompromiss bilde den unauflösbaren Konflikt zwischen dem Lebensrecht des Ungeborenen und dem Selbstbestimmungsrecht der Frau ab.
Derzeit sind Abtreibungen in Deutschland grundsätzlich rechtswidrig, innerhalb einer bestimmten Frist und nach einer Beratung aber straffrei. Über eine von zahlreichen Abgeordneten geforderte Liberalisierung des Abtreibungsrechts, wonach Abtreibungen bis zur zwölften Schwangerschaftswoche nicht mehr im Strafrechtsparagrafen 218 geregelt werden sollen, hatte der Bundestag in der vorigen Legislaturperiode nicht mehr entschieden.
Für ihn gelte die Menschenwürde für einen Embryo „von Anfang an“, betonte Gohl: „Und zwar bis zum Schluss. Wenn wir die Menschenwürde am Lebensanfang einschränken, dann droht diese Einschränkung auch am Lebensende.“ Den jetzigen Paragrafen 218 halte er daher für einen guten Kompromiss: „Ich halte diese Lösung für angemessen, weil sie einem unauflösbaren Dilemma zwischen zwei Grundrechten Rechnung trägt: dem Recht des Ungeborenen auf Leben und dem Recht der Frau auf Selbstbestimmung und körperliche Unversehrtheit.“
Diese Konstruktion, dass etwas rechtswidrig, aber unter bestimmten Umständen nicht strafbewehrt ist, bilde genau diesen fundamentalen Konflikt ab und löse ihn nicht zu einer Seite hin auf, so Gohl, der seit drei Jahren württembergischer Landesbischof ist.
Scharfe Kritik übte der Bischof erneut an einer Stellungnahme des Ökumenischen Rats der Kirchen (ÖRK), in der Israel „Apartheid“ vorgeworfen wird. Er nannte es schwer erträglich, dass der Terrorangriff der Hamas auf Israel vom 7. Oktober 2023 in dem Papier nicht erwähnt werde. Gohl betonte, das Leid der Israelis sei furchtbar, ebenso wie das Leid im Gazastreifen. Sein Grundsatz laute: „Empathie ist nicht teilbar.“
Auf die Frage, was sein Herzensanliegen für die Kirche sei, antwortete der Landesbischof: „Weniger wehleidig sein. Nicht die ganze Zeit den eigenen Puls fühlen, das tut meistens nicht gut.“ Stattdessen sollten Christen im Vertrauen auf die biblische Botschaft und im Blick auf das Viele, was in der Kirche trotz aller Probleme gelinge, zuversichtlich unterwegs sein, empfiehlt der Theologe.