Landau (epd). Mehr als der Hälfte der deutschen Weinanbauer droht in den kommenden Monaten nach Einschätzung des neu gegründeten Vereins „Zukunftsinitiative Deutscher Weinbau“ der Bankrott. „Die Zukunft des deutschen Weinbaus steht auf dem Spiel, wir stehen an einem historischen Wendepunkt“, sagte Thomas Schaurer, Vorsitzender des Vereins mit Sitz im südpfälzischen Billigheim-Ingenheim bei Landau, in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Der Grund seien immer niedrigere Verkaufspreise, billige Importe aus dem Ausland und massiv gestiegene Betriebskosten.
„Wir müssen dringend handeln und Winzerfamilien stützen, deren Existenz gefährdet ist“, sagte der Biowinzer Schaurer, der den derzeit rund 150 Winzerbetriebe zählenden Verein gegründet hat. Mit der Informationskampagne „Dein Wein von hier“ richtet sich der Winzerverein vor allem an die Verbraucherinnen und Verbraucher. Wenn diese verstärkt heimische Produkte kauften, könne dies das Überleben Tausender Weinbaubetriebe sichern und die Branche stabilisieren, sagte Schaurer. Ziel der bundesweiten Kampagne sei es, den Marktanteil heimischer Weine in Deutschland um 5 Prozentpunkte von derzeit 42 auf 47 Prozent zu steigern.
Eine Hauptursache für das Sterben vieler Winzerbetriebe seien Dumpingpreise großer Discounter und Keltereien, die ihre Marktmacht ausnutzten, beklagte Schaurer. Heimische Weine würden häufig weit unter den Produktionskosten, teilweise für weniger als einen Euro pro Liter, „verschleudert“. Viele Weinbaubetriebe hätten im vergangenen Jahr nur 60 Cent für einen Liter Wein erhalten, der Preis falle weiter. Ein Mindestpreis von drei Euro könnte aber den Druck auf die Winzerinnen und Winzer lindern, betonte Schaurer. Faire Preise, den Erhalt regionaler Qualität und auch der Erhalt der Kulturlandschaft in Weinbaugebieten seien das Ziel.
Die Weinbauverbände in Deutschland ignorierten die wirtschaftliche Katastrophe, in die Winzerbetriebe aus allen 13 Anbaugebieten zu schlittern drohten, kritisierte Schaurer. „Uns wird vorgeworfen, den deutschen Wein schlecht zu reden und eine Krisenstimmung zu verbreiten.“ Noch vor der Weinlese müsse ein „Umschwung“ erfolgen. Viele Winzerinnen und Winzer seien überschuldet und hätten Zweitjobs, um ihre Familien zu ernähren. „Wenn unser Kampf scheitert, ist der deutsche Weinbau in seiner jetzigen Form Geschichte“, sagte Schaurer.
Rund 14.150 Betriebe bauten 2023 nach aktuellen Informationen des Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden in Deutschland Wein an. In den vergangenen zehn Jahren sei deren Zahl um etwa ein Viertel geschrumpft. Die größten Weinanbauflächen Deutschlands liegen in Rheinhessen, der Pfalz, in Baden und in Württemberg.