Berlin (epd). Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) will mehr Steuerung im Gesundheitswesen. Unnötige Arztbesuche sollten vermieden werden, „um Patienten, die darauf dringend angewiesen sind, schnellere Termine bei Haus- und Fachärzten zu verschaffen“, sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Samstag). Grundsätzlich gingen Deutsche häufiger zum Arzt als Menschen in anderen Ländern. Das führe allerdings nicht dazu, dass sie deswegen unbedingt gesünder seien oder länger lebten.
Die Ministerin warb zudem erneut für ein sogenanntes Primärarztsystem. „Der Hausarzt soll erste Anlaufstelle sein und sicherstellen, dass Patienten innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens einen Termin beim Facharzt bekommen“, betonte sie. Mit Blick auf Forderungen nach einer Praxis- oder Kontaktgebühr äußerte sich Warken zurückhaltend. Es gebe viele Möglichkeiten, Praxisbesuche so zu steuern, dass die Patienten weiterhin gut versorgt würden, ohne sie unnötig finanziell zu belasten.
Der Bundesvorsitzende des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes, Markus Beier, begrüßt das Vorhaben, die Zahl der Arzt-Patienten-Kontakte zu reduzieren. Patientinnen und Patienten wüssten oft gar nicht, wo sie mit ihrem spezifischen medizinischen Problem richtig aufgehoben seien. „Auch deswegen haben wir in Deutschland so viele Arzt-Patienten-Kontakte“, sagte Beier den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Sonntag). „Schon allein vor dem Hintergrund des demografischen Wandels wird diese Kontaktdichte in Zukunft kaum noch zu leisten sein“, sagte der Verbandschef.
„Mit einem flächendeckenden Primärarztsystem, bei dem die Hausarztpraxen konsequent die ersten Ansprechpartner sind, könnten wir mehr Struktur in das Gesundheitssystem bringen“, sagte Beier. Die Patientinnen und Patienten würden schneller dorthin gelotst werden, wo ihnen geholfen werden könne. Das könne Arztkontakte sparen und gleichzeitig die Qualität der Versorgung erhöhen. In anderen europäischen Ländern sei das längst die Regel.
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz warnte hingegen davor, „die ambulante Versorgung auf ein Riff“ zu steuern. „Patientinnen und Patienten wären die Leidtragenden“, sagte der Vorstand der Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Am Ende wird es weder genügend Hausärzte noch eine Termingarantie geben“, warnte er. Von der notwendigen digitalen Vernetzung sei Deutschland meilenweit entfernt. Nötig wäre es zunächst, die Praxenbezirke kleinteiliger und bedarfsgerecht zu steuern.