Bundessozialgericht: Sozialhilfe für tschechische Rentnerin möglich

Bundessozialgericht: Sozialhilfe für tschechische Rentnerin möglich

Kassel (epd). Der Umzug einer Rentnerin aus einem EU-Mitgliedstaat nach Deutschland muss nicht zwingend zum Ausschluss von Sozialhilfeleistungen führen. Ist eine tschechische Rentnerin zu ihren Angehörigen nach Sachsen gezogen, dürfe ihr Sozialhilfe nicht vorenthalten werden, wenn sie weiter einer Arbeit nachgeht und sie EU-rechtlich als Arbeitnehmerin einzustufen ist, entschied das Bundessozialgericht in Kassel in einem am Freitag bekanntgegebenen Urteil vom Vortag. (AZ: 8 SO 6/24 R) Nur wenn die Rentnerin nicht als Arbeitnehmerin gilt und sie vor allem wegen des Bezugs von Sozialhilfeleistungen nach Deutschland gekommen ist, könnten ihr diese verweigert werden.

Konkret ging es um eine alleinstehende Rentnerin aus Tschechien, die im Oktober 2017 nach Deutschland in eine eigene Wohnung umgezogen war. Sie erhielt vom tschechischen Rentenversicherungsträger eine Altersrente von umgerechnet etwa 330 Euro monatlich. Zudem ging sie einer geringfügigen Beschäftigung als Haushaltshilfe nach, bei der sie monatlich 150 Euro verdiente. Nach ihren Angaben war die Hauptmotivation für den Umzug nach Deutschland, in der Nähe der Familie ihrer Tochter leben zu wollen.

Als sie beim Landkreis Mittelsachsen Leistungen zur Hilfe zum Lebensunterhalt beantragte, lehnte dieser ab. Das Sächsische Landessozialgericht in Chemnitz urteilte, dass die Rentnerin wegen des Bezugs von Sozialleistungen nach Deutschland umgezogen war. Dann sei der Sozialhilfeanspruch gesetzlich ausgeschlossen.

Das Bundessozialgericht verwies den Fall wegen fehlender Feststellungen an das Landessozialgericht zurück. So habe das Gericht nicht geprüft, ob die Rentnerin wegen ihrer geringfügigen Beschäftigung als Haushaltshilfe nach EU-Recht als Arbeitnehmerin gilt. Sei dies der Fall, dürften ihr Sozialleistungen aus Gleichbehandlungsgründen nicht vorenthalten werden.

Doch auch wenn sie keine Arbeitnehmerin sei, könne ein Sozialhilfeanspruch bestehen. Der Anspruch sei allerdings ausgeschlossen, wenn sie vorwiegend wegen des Bezugs von Sozialhilfe nach Deutschland gekommen sei. Das Landessozialgericht habe hier aber nicht ausreichend geprüft, ob die Rentnerin insbesondere wegen der Nähe zu ihren nahen Angehörigen umgezogen sei. Sei diese Motivation prägend, könne ein Sozialhilfeanspruch bestehen.