Hausärzteverband warnt vor "Bruchlandung" bei e-Patientenakte

Hausärzteverband warnt vor "Bruchlandung" bei e-Patientenakte
Mehr Werbung für die elektronische Patientenakte wünschen sich die Hausärzte in Deutschland nach Darstellung ihres Verbandschefs, der die Krankenkassen scharf kritisiert. Deren Spitzenverband weist die Kritik zurück.

Berlin, Düsseldorf (epd). Der Hausärztinnen- und Hausärzteverband beklagt Missstände bei der Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA). Verbandschef Markus Beier sagte der „Rheinischen Post“ (Dienstag), dem zu Jahresbeginn gestarteten Projekt zur Digitalisierung des Gesundheitswesens drohe „eine Bruchlandung“. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) fürchtet um das aus ihrer Sicht sinnvolle Projekt und wirbt eindringlich für die Nutzung der ePA. Der Spitzenverband der Krankenkassen wies die Kritik zurück.

Hausärztechef Beier sagte in dem Zeitungsinterview, die meisten Patienten hätten bisher kaum etwas von der elektronischen Patientenakte mitbekommen, geschweige denn sich mit ihr beschäftigt. Die ePA sei „nicht alltagstauglich“, es vergehe kaum eine Woche, in der die Praxen keine Probleme mit dem Zugriff hätten, bemängelte Beier.

Der Verbandschef kritisierte in diesem Zusammenhang die Krankenkassen fundamental: „Notwendig wäre eigentlich eine große und koordinierte Informationskampagne gewesen.“ Doch stattdessen hätten die Krankenkassen sich darauf beschränkt, vereinzelt Briefe mit allgemeinen Informationen zu versenden. Beier warf den Kassen vor, „bei der Aufklärung ihrer Versicherten die Hände in den Schoß“ zu legen, und forderte eine „vernünftige Aufklärung ihrer Versicherten“.

Auch die Krankenhausgesellschaft verlangte am Dienstag eine „breite positive Kommunikation“ für die digitale Patientenakte. „Die elektronische Patientenaktie darf nicht scheitern“, warnte DKG-Vorstandschef Gerald Gaß. Die ePA trage kurz- und langfristig zu einer besseren Versorgungsqualität bei.

Als Vorteile nannte der DKG-Chef unter anderem eine lückenlose Dokumentation bei Krankenhausaufenthalten und Arztwechseln, das Vermeiden von Medikationsfehlern oder mehr Transparenz für die Patientinnen und Patienten. Durch bessere Informationsübermittlung können Gaß zufolge außerdem Doppeluntersuchungen, beispielsweise in der Bildgebung, vermieden werden, „was Praxen und Krankenhäuser entlastet, den Patienten Zeit und Wege erspart und auch Kosten reduziert“.

Für den GKV-Spitzenverband der Krankenkassen wies Vorstandsmitglied Martin Krasney die Fundamentalkritik des Hausärzteverbands zurück. „Das unberechtigte Schlechtreden der ePA ist sicher kein konstruktiver Beitrag zur notwendigen Digitalisierung“, hielt er Verbandschef Beier vor. Die Krankenkassen hätten „erstklassige Arbeit geleistet, indem sie in kurzer Zeit termingerecht über 70 Millionen elektronische Patientenakten angelegt und die Versicherten darüber informiert haben“, unterstrich Krasney.

Der nächste große Schritt erfolge zum 1. Oktober. Ab dann seien „alle Ärztinnen und Ärzte verpflichtet, neue Diagnosen und Befunde in der elektronischen Patientenakte abzulegen“. In der ePA werden alle relevanten Befunde, Untersuchungsergebnisse sowie Dokumente wie der Impf- oder Mutterpass gespeichert. Sie wird automatisch für alle gesetzlich Versicherten angelegt. Mitte Januar dieses Jahres erfolgte zunächst die Einführung in ausgewählten Modellregionen. Seit Ende April kann sie bundesweit genutzt werden, ab Oktober wird sie nach Auskunft der Kassenärztlichen Vereinigung Westfallen-Lippe verpflichtend.