Köln (epd). Betroffene sexualisierter Gewalt haben eine kirchenrechtliche Anzeige gegen den Kölner Erzbischof Rainer Maria Woelki eingereicht. Der Betroffenenbeirat bei der katholischen Deutschen Bischofskonferenz bittet Papst Leo XIV. darin um eine kirchenrechtliche Untersuchung gegen Woelki mit Blick auf sein Verhalten im Zuge der Aufarbeitung sexualisierter Gewalt, heißt es dem Schreiben, das dem Evangelischer Pressedienst (epd) vorliegt. Zuerst hatten der WDR und der „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Montag) berichtet.
In dem Schreiben des Betroffenenbeirats heißt es, man habe jegliches Vertrauen verloren, dass unter Woelkis Leitung Missbrauchstaten ohne Rücksicht auf die Täter aufgeklärt werden. Die Aufarbeitung im Erzbistum Köln scheine vor allem dem Selbstschutz des Kardinals zu dienen. Die Sprecherin des Beirats, Katharina Siepmann, erklärte: „Letztendlich hoffen wir, dass die Zuständigen in Rom und auch der Papst ein solches Verhalten des Kardinals für unzumutbar halten und intervenieren.“ Bereits am Freitag habe man beim Trierer Bischof Stephan Ackermann als dienstältestem Bischof der Metropolie Köln Anzeige gegen den Erzbischof von Köln, Kardinal Woelki eingereicht, teilte der Betroffenenbeirat dem epd mit.
Es ist das erste Mal, dass der Betroffenenbeirat eine Anzeige beim Vatikan gegen einen Bischof einreicht. Woelki hatte unter Leos Vorgänger Papst Franziskus bereits im Jahr 2022 seinen Rücktritt wegen kommunikativer Fehler bei der Aufarbeitung von Missbrauchstaten angeboten, über den das katholische Kirchenoberhaupt jedoch nie offiziell entschieden hatte.
Die kirchenrechtliche Anzeige bezieht sich auf Ermittlungsergebnisse der Kölner Staatsanwaltschaft. Diese hatte im Zusammenhang mit Missbrauchsfällen ein Meineids-Verfahren gegen Woelki im Mai zwar gegen Zahlung einer Geldauflage von 26.000 Euro eingestellt. Die Staatsanwaltschaft kam aber auch zu dem Schluss, der Kardinal habe fahrlässig die Unwahrheit gesagt und gegen Sorgfaltspflichten verstoßen. Woelki bestreitet das. Der Betroffenenbeirat wirft dem Kardinal „eine Verletzung seiner Amtspflichten im Zusammenhang mit sexuellem Missbrauch“ nach kanonischem Recht vor.
Die Pressestelle des Erzbistums Köln wies die Anschuldigungen des Betroffenenbeirats auf epd-Anfrage als „offenkundig haltlos“ zurück. Sie würden „sicherlich unabsichtlich mangels besseren Wissens - auf einer Reihe falscher Annahmen und Behauptungen“ aufbauen. Eine Anwendung der in der Anzeige erwähnten kirchenrechtlichen Normen kommt nach Sicht des Erzbistums nicht infrage.
Bereits 2021 hatten päpstliche Gutachter den Umgang der Kölner Bistumsleitung mit Missbrauchsfällen und deren Aufarbeitung geprüft. Es habe sich kein Hinweis darauf ergeben, dass Woelki im Umgang mit Fällen sexuellen Missbrauchs rechtswidrig gehandelt habe, hieß es danach aus Rom. Doch er habe „große Fehler“ gemacht, die zur Vertrauenskrise im Erzbistum beigetragen hätten. Papst Franziskus hatte entschieden, dass Woelki im Amt bleibt, schickte ihn aber in eine Auszeit. Im Frühjahr 2022 nahm Woelki seine Amtsgeschäfte wieder auf.