Berlin (epd). Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) schlägt zur Stabilisierung des Rentensystems einen „Boomer-Soli“ vor - und erntet geteilte Reaktionen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) findet die Idee einer Sonderabgabe auf hohe Alterseinkünfte nicht sinnvoll, der Bund der Steuerzahler nennt sie „verfehlt“. Lob kommt hingegen von der Wirtschaftsweisen Monika Schnitzer.
In dem DIW-Konzept geht es um eine Sonderabgabe von zehn Prozent auf sämtliche Alterseinkünfte wie die gesetzliche Rente, Betriebsrenten und Pensionen. Dabei soll ein Freibetrag von rund 1.000 Euro monatlich gelten - nur auf darüber liegende Einkünfte würde die Abgabe fällig. Der „Boomer-Soli“ wäre zweckgebunden, sodass das Geld ausschließlich Menschen zugutekommen würde, die besonders geringe Rentenansprüche haben.
Hintergrund der Überlegungen ist die Belastung des Rentensystems durch die alternde Bevölkerung. In den kommenden Jahren gehen viele Angehörige der geburtenstarke Jahrgänge, die sogenannten Babyboomer, in Rente. Diese Jahrgänge „bringen durch ihre schiere Größe die Finanzierungsgrundlage des umlagefinanzierten Systems in Schwierigkeiten“, heißt es in der DIW-Studie. „Es wäre nicht fair, die anstehenden Lasten des demografischen Wandels vor allem den jüngeren Generationen aufzubürden“, erklärte DIW-Steuerexperte Stefan Bach.
Die Ökonomin Schnitzer argumentierte ähnlich. „Die Rentenlast der Babyboomer kann nicht allein der immer kleineren Zahl von jungen Beitragszahlern aufgebürdet werden, die Babyboomer-Generation selbst muss einen Beitrag dazu leisten“, sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Donnerstag). Der Grundgedanke des DIW-Konzepts sei daher richtig, auch wenn die konkrete Ausgestaltung „sicher zu diskutieren“ sei, sagte Schnitzer. Sie ist Vorsitzende des Sachverständigenrates Wirtschaft. Dessen Mitglieder sind auch als Wirtschaftsweise bekannt.
Kritik kam von DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel. Einen Vorschlag, der „den Mangel niedriger Renten“ lediglich unter den Rentnerinnen und Rentnern umverteile, brauche niemand, erklärte Piel in Berlin. Wer die Beitragszahlerinnen und -zahler wirklich entlasten wolle, „muss über mehr Steuergerechtigkeit an hohe Einkommen und Vermögen ran“.
Ablehnung kam auch aus der Unionsfraktion. „Derartige systemfremde Finanzierungsquellen für die Rente einzuführen und insbesondere eine Umverteilung zwischen den Rentnern durchzusetzen, ist eine zu einseitige Diskussion und daher nicht zielführend“, sagte der Vorsitzende der Arbeitnehmergruppe in der Fraktion, Stefan Nacke (CDU), den Funke-Zeitungen. „Das Äquivalenzprinzip, wonach längere und höhere Einzahlungen auch zu einer höheren Rente führen, ist einer der Grundsätze der gesetzlichen Rentenversicherung, der Vertrauen schafft.“
Der Präsident des Bundes der Steuerzahler, Reiner Holznagel, sagte den Zeitungen, er finde den DIW-Vorschlag „verfehlt“. Er verwies ebenfalls auf das „bewährte und faire“ Äquivalenzprinzip.
Ein Sprecher des zuständigen Bundesarbeitsministeriums wollte das DIW-Konzept nicht bewerten. Er verwies auf die Rentenkommission, die im kommenden Jahr im Auftrag der Bundesregierung verschiedene Reformoptionen beleuchten soll. Ziel der Regierung sei „eine verlässliche und ordentliche Rente“ auch für künftige Jahrgänge, versicherte der Sprecher.