Berlin (epd). Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) stößt mit Äußerungen zur Zukunft des Bürgergelds auf Widerspruch aus Koalition und Opposition und von Verbänden. Die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Dagmar Schmidt nannte Merz' Vorschläge am Montag „unausgegoren“. Vertreter und Vertreterinnen von Linken und Grünen sowie dem Deutschen Gewerkschaftsbund, dem Sozialverband VdK und dem Mieterbund wiesen darauf hin, dass Merz' Vorschlag das zugrundeliegende Problem ignoriere.
Merz hatte im ARD-Sommerinterview am Sonntag gesagt, denkbar seien eine Deckelung der Mietkosten sowie eine Überprüfung der Wohnungsgrößen von Bürgergeldempfängern. „Sie haben in den Großstädten heute teilweise bis zu 20 Euro pro Quadratmeter, die sie vom Sozialamt oder von der Bundesagentur bekommen für Miete“, erklärte Merz. „Das kann sich eine normale Arbeitnehmerfamilie nicht leisten.“
Die SPD-Parlamentarierin Schmidt erklärte, bereits heute seien Wohnungsgrößen für Bürgergeldempfänger begrenzt. Das Problem des teuren Wohnraums müsse durch Mietpreisbremsen und Investitionen in den Wohnungsbau gelöst werden.
Auch die Sprecherin für soziales Wohnen der Fraktion Die Linke, Sahra Mirow, forderte einen anderen Ansatz bei der Verringerung hoher Wohnkosten. „Ein Mietpreis-Limit beim Bürgergeld würde nicht die Wurzel des Problems bekämpfen“, erklärte sie. Ziel müsse es sein, spekulativen Umgang mit Wohnraum zu unterbinden und bezahlbares Wohnen als Grundrecht zu sichern. Auch Mirow sprach sich für Mietpreisbegrenzungen und stärkeren sozialen Wohnungsbau aus.
Der bau- und wohnungspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Kassem Taher Saleh, sagte dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (Montag), die Bundesregierung solle lieber konkrete Ideen vorlegen, wie sie bezahlbaren Wohnraum schaffen wolle, anstatt Menschen Angst zu machen.
Nach den Worten von Anja Piel, Vorstandsmitglied des Deutschen Gewerkschaftsbunds, sind Leistungskürzungen „der grundfalsche Ansatz“. Leistungsberechtigte mit dem Problem hoher Mieten alleine zu lassen, hieße für die Betroffenen im schlimmsten Fall Wohnungslosigkeit und Armut, sagte Piel den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Montag).
VdK-Präsidentin Verena Bentele sagte, ihr Verband wisse aus der Rechtsprechung von Sozialgerichten, dass Jobcenter viel zu niedrige Wohnkosten gewährten. Die Menschen lebten in überfüllten Wohnungen, die oft in desolatem Zustand seien. „Wer hier noch kürzen will, sorgt für noch mehr Elend und vor allem für eine steigende Wohnungs- und Obdachlosigkeit“, sagte Bentele.
Der Deutsche Mieterbund forderte eine strengere Mietpreisbremse. „Was wir brauchen, sind Investitionen in die Schaffung und den Erhalt bezahlbarer Wohnungen sowie eine scharfe Mietpreisbremse - inklusive empfindlicher Geldbußen bei Verstößen gegen sie, die Ahndung des Mietwuchers sowie einen Mietenstopp im Bestand“, sagte dessen Präsidentin Melanie Weber-Moritz dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“.