Berlin (epd). Zum 30. Mal hat sich am Freitag der Beginn des größten Kriegsverbrechens auf europäischem Boden nach dem Zweiten Weltkrieg gejährt. Am Brandenburger Tor in Berlin gedachten rund 500 Menschen der Opfer des Völkermords von Srebrenica. Nach Redebeiträgen von Überlebenden und Nachkommen der Opfer wurden stellvertretend die Namen von 30 der mindestens 8.372 Opfer verlesen. Ab dem 11. Juli 1995 ermordeten bosnisch-serbische Soldaten in dem bosnischen Ort Srebrenica muslimische Jungen und Männer.
Die Bundestagsabgeordnete Jasmina Hostert (SPD), der im Alter von neun Jahren im Bosnienkrieg durch eine Granate der Arm abgetrennt wurde, sagte, man müsse „gemeinsam Haltung zeigen für die Opfer und Überlebenden.“ Die Erinnerung dürfe niemals verstummen. Sie glaube an Bosniens europäischen Weg, für den man Deutschland brauche.
Auf einem rund 100 Meter langen Banner waren zudem die Namen sämtlicher bisher bekannter Opfer verzeichnet. Für den Abend war eine Gedenkveranstaltung am Berliner Abgeordnetenhaus unter dem Titel „Unsere Geschichten, unsere Mahnung. Gegen das Vergessen“ geplant.
Am Freitagvormittag hatte der Bundestag des Völkermords gedacht und eine einstündige Debatte geführt. Dabei kam es zum Eklat durch Abgeordnete der AfD-Fraktion, die unter anderem die Einstufung des Kriegsverbrechens als Genozid infrage stellten.
Die Srebrenica-Überlebende Selma Jahic kritisierte die AfD scharf. Sie sprach von einem „Hass auf Muslime und Bosniaken“, der sich durch die Gesellschaft ziehe und damals verantwortlich für den Völkermord war.
Jasna Causevic, Referentin für Genozid-Prävention bei der veranstaltenden Gesellschaft für bedrohte Völker, wies darauf hin, dass bis heute viele Betroffene unter Traumata litten. Zudem forderte sie weiterhin Gerechtigkeit für die Opfer, viele der damaligen Täter seien einer Verurteilung entgangen.
Der Internationale Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) war Ende 2017 nach seinem letzten Urteil geschlossen worden. Insgesamt wurden 93 von 161 Angeklagten verurteilt, 20 davon wurden wegen Verbrechen in Srebrenica vor Gericht gestellt.
Am 11. Juli 1995 hatten bosnisch-serbische Truppen unter dem Befehl von Armeechef Ratko Mladic die UN-Schutzzone gestürmt und wehrfähige Jugendliche und Männer von Kindern, Frauen und Alten getrennt. Mladic, der als Hauptverantwortlicher des Genozids gilt, wurde 2011 in Serbien festgenommen und 2017 zu lebenslanger Haft verurteilt. Der ehemalige bosnische Serbenführer Radovan Karadzic wurde 2008 in Serbien festgenommen und 2019 zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt.
Der Völkermord gilt als auch Versagen der in Srebrenica stationierten UN-Blauhelme und der Nato. Laut dem ICTY beobachteten die UN-Truppen, wie bosnisch-muslimische Männer abgeführt wurden, griffen aber nicht ein.
Der 11. Juli wurde 2025 von den Vereinten Nationen zum zweiten Mal als „Internationaler Tag des Nachdenkens und Gedenkens an den Völkermord von Srebrenica 1995“ begangen. Er wurde 2024 von der UN-Vollversammlung unter anderem gegen die Stimmen Serbiens, Russlands und Chinas beschlossen.