München (epd). Die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, dass der ehemalige Personenschützer von Charlotte Knobloch (92) trotz antisemitischer Hetze in den Polizeidienst zurückkehren darf, sorgt bundesweit für Kritik. Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, sagte der „Welt“ (Donnerstag), dass die Gerichtsentscheidung „schwer nachvollziehbar“ sei. Die Äußerungen seien „in höchstem Maße menschenfeindlich und damit eindeutig gegen die Werte des Grundgesetzes gerichtet“. Dieser Fall zeige, „dass wir auch in der Justiz noch viel Aufklärungsarbeit über Antisemitismus und seine Folgen zu leisten haben“.
Knobloch selbst, die seit 40 Jahren Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern ist und als Kind die Verfolgung durch das NS-Regime erlebt hatte, sagte der „Welt“, dass sie das Urteil „ratlos“ mache. „Menschen, die auf den Schutz von Sicherheitskräften angewiesen sind, müssen diesen vertrauen können.“
Der bayerische Antisemitismusbeauftragte Ludwig Spaenle (CSU) sagte der „Welt“: „Ich finde es unerträglich, wenn ein Polizist Personen, die er schützen soll, ein Schicksal wie in der NS-Diktatur wünscht.“ Der Direktor der Stiftung Bayerische Gedenkstätten, Karl Freller (CSU), sagte, dass der Mann mit so einer „erschreckenden Geisteshaltung“ völlig fehl am Platz sei.
Auch Holocaust-Überlebende meldeten sich zu Wort: „Angesichts dieses schändlichen und traurigen Urteils übermitteln Überlebende des Holocaust aus aller Welt Charlotte Knobloch ihre Solidarität und ihren Dank“, teilte die Präsidentin des Internationalen Auschwitz Komitees, Eva Umlauf, mit. Charlotte Knobloch habe „diese schäbigen und absurden Auslassungen der Richter am Münchner Verwaltungsgerichtshof nicht verdient.“
Christoph Heubner, Exekutiv-Vizepräsident des Internationalen Auschwitz Komitees, sagte, dass Knobloch eines der Symbolgesichter der deutschen Demokratie sei. „Was geht in den Köpfen der Münchner Verwaltungsrichter vor, wenn sie einen Polizisten, der zum Schutz von Frau Knobloch abgestellt ist und sie gleichzeitig im Netz verhöhnt und zum Abschuss und zum Transport nach Auschwitz freigibt, im Polizeidienst belassen und ihm gleichzeitig attestieren, es sei ihm nur um den 'Unterhaltungswert' seiner hetzerischen Äußerungen gegangen?“
Das Münchner Polizeipräsidium wollte einen Polizisten, der zwischen 2014 und 2020 in privaten Chats antisemitisch gegen Jüdinnen und Juden gehetzt hatte - unter anderem auch gegen Charlotte Knobloch, für die er vor einigen Jahren Personenschützer war - aus dem Dienst entfernen. Das Polizeipräsidium scheiterte aber in zwei Instanzen vor Gericht, zuletzt vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof.
In den privaten Chats soll der Polizist die Abkürzungen „SH“ für „Sieg Heil“ und „HH“ für „Heil Hitler“ verwendet haben. Außerdem soll er angedeutet haben, dass eine Schutzperson vergast oder in ein Konzentrationslager gebracht werden solle. Das Gericht begründete sein Urteil mit dem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung und dem Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts.