Frankfurt a.M., Dharamshala (epd). Der 14. Dalai Lama hat kurz vor seinem 90. Geburtstag seine Nachfolge geregelt. Die spirituelle Institution des Dalai Lamas werde fortbestehen, erklärte er am Mittwoch kurz vor seinem 90. Geburtstag im indischen Dharamsala. Er komme damit vor allem entsprechenden Appellen von Tibeterinnen und Tibetern nach. Die Ankündigung wurde weltweit begrüßt. Zugleich äußerten Menschenrechtler die Sorge, dass China sich künftig in das traditionelle Verfahren zur Bestimmung eines Dalai Lamas einmischen könnte.
Tenzin Gyatso - so der Mönchsname des Dalai Lamas - war am 6. Juli 1935 in der damaligen tibetischen Provinz Amdo zur Welt gekommen. Das Verfahren zur Anerkennung eines zukünftigen Dalai Lamas sei bereits klar festgelegt, heißt es in seiner offiziellen Erklärung weiter. Danach sollten sich die obersten Vertreter der tibetisch-buddhistischen Traditionen beraten und „die Verfahren zur Suche und Anerkennung entsprechend der bisherigen Tradition durchführen“.
Penpa Tsering, Chef der tibetischen Exilregierung, wies bereits Versuche der chinesischen Regierung zurück, sich in die Nachfolge des Dalai Lamas einzumischen. „Über die Wiedergeburt des Dalai Lamas entscheiden die Tibeter allein“, sagte Tsering dem Redaktionsnetzwerk Ippen.Media zu Befürchtungen, es könnte eines Tages zwei Dalai Lamas geben - einen, den das tibetische Volk anerkennt, und einen von Pekings Gnaden. „Wir wissen natürlich, dass sich die Regierung in Peking seit vielen Jahren auf den Tod Seiner Heiligkeit vorbereitet und es eines Tages zwei Dalai Lamas geben kann. Peking glaubt, dass es die Tibeter kontrollieren kann, wenn es den Dalai Lama kontrolliert“, sagte Tsering.
Die Gesellschaft für bedrohte Völker erklärte, es sei sicher, dass die Kommunistische Partei Chinas „sich selbst die Entscheidung darüber vorbehält, wer in Zukunft Oberhaupt des tibetischen Buddhismus sein wird“. Die Leiterin der Menschenrechtsarbeit, Sarah Reinke, sagte, der Dalai Lama habe indes verkündet, dass seine Nachfolge nicht im von China besetzten Tibet gefunden werde. Die chinesische Regierung wolle jedoch einen Nachfolger installieren, „der den Vorgaben aus Peking folgt und ihre Lügen über die in Wahrheit verheerende Menschenrechtslage in Tibet weiterverbreitet“, sagte Reinke.
Auch der frühere hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) warnte vor dem Einfluss Chinas bei der Bestimmung eines neuen Dalai Lamas. „Der jahrzehntelange Kampf der Tibeter um den Erhalt ihrer Kultur ist unmittelbar mit der Sichtbarkeit und den Positionen des Dalai Lama verbunden. Ohne ihn wären die Leiden dieses Volkes schon lange in Vergessenheit geraten“, sagte Koch dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (Mittwoch) noch vor der aktuellen Ankündigung zur Nachfolge. Der 90. Geburtstag des Dalai Lamas sei auch eine Zäsur, sagte Koch, der als Ministerpräsident ein enges freundschaftliches Verhältnis zum Dalai Lama gepflegt hatte.
Der aktuelle Dalai Lama hatte immer wieder betont, dass die Fortsetzung seines Titels vom Willen des tibetischen Volkes abhängt, obwohl er persönlich der Meinung sei, dass die Institution ihren Zweck erfüllt hat. Der Dalai Lama war 1959 aus dem Potala-Palast in Lhasa nach Indien geflohen, nachdem chinesische Truppen den Volksaufstand in Tibet niedergeschlagen hatten. Bis heute ist Dharamsala, eine Bergstadt im Himalaya, der Sitz der Exilregierung und die Residenz des Dalai Lama. Er gilt als moralische Autorität und wichtigste Stimme im Kampf der Tibeter für mehr Autonomie. Der buddhistische Mönch wurde 1989 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet.